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plötzlich in einem der engsten Winkel der Stadt ein heftiges Feuer aus, der Wind trieb die Flammen auch in entlegenere Straßen und so wurden entferntere Häuser oft früher eingeäschert, als solche, welche dem Ursprung des Feuers näher lagen. Am sog. Ölberg schlossen die Flammen gleichsam einen Kreis, so daß einige Bürger, welche sich nicht zur rechten Zeit retten konnten, ihren Ausgang unter der Stadtmauer durch das Wasser suchen mußten. Die Häuser am Markt brannten vorne und hinten, weshalb man auch bei ihnen keine Löschversuche machte, sondern nur die Häuser diesseits des Bachs mit der Kirche und dem Rathhaus zu retten suchte. Endlich wandte sich das Feuer nach seinem Ausgangspunkte zurück und wurde man desselben hier, wo es keine Nahrung mehr fand, Meister. Das Dekanathaus, die geistliche Verwaltung, die Heiligenvogtei und zwei herrschaftliche Fruchtkästen mit mehreren 100 Scheffeln Frucht verbrannten, überhaupt wurden von 210 Häusern nur 40 gerettet und 272 Familien mit dem Verlust des größten Theils ihrer Habe obdachlos (vergl. Pregizer, Gottgeheiligte Poesie 1724 S. 574 ff.). Die Stadt erhielt beim Wiederaufbau ein schönes Aussehen, so daß sie in den Reisen eines Kurländers als eine der wohlgebautesten Landstädte des Herzogthums geschildert wird, deren Einwohner auch um ihrer starken Gewerbe willen in ungemein guten Vermögensumständen sich befinden. Der letzte große Brand, durch einen Blitzstrahl entstanden, welcher vom 30. Juni Mittags 1 Uhr unausgesetzt bis 1. Juli Mittags 12 Uhr 1809 wüthete, verzehrte bei einem Zusammentreffen der unglücklichsten Umstände fast die ganze Stadt; war auch ein Menschenleben nicht zu beklagen, so lagen doch 335 Gebäude in Asche und betrug der Schaden an solchen 321.400 fl., an Mobiliarverlust 123.802 fl. Es blieben nur 55 Gebäude stehen. (Eine ausführliche Beschreibung des Brandes s. Amts- und Intelligenzblatt für den Oberamtsbezirk Balingen 1864 Nr. 19. 21. 23. 24. 25.) – Im J. 1601 war hier ein heftiges Erdbeben, bei welchem der Kirchthurm stark hin und her schwankte und im J. 1610/1611 starben bei 500 Personen an der Pest (Rebstock). – Aufenthalte des deutschen Reichsoberhaupts dahier sind nur wenige bekannt. K. Sigmund zog in der 4. Woche Januars 1431 von Constanz über Rottweil, Balingen, Tübingen nach Nürnberg und K. Maximilian I. war am 23.–25. August 1504 allhier, bei welcher Gelegenheit er den Abt Gerhard von Alpirsbach mit dem Blutbann in dessen neu erworbener Herrschaft Loßburg belehnte

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Julius Hartmann, Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Balingen. W. Kohlhammer, Stuttgart 1880, Seite 293. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABalingen0293.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)