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Mundart.[1]

Die im Oberamtsbezirk gesprochene Mundart ist die schwäbische, und zwar schon mit einigem Anklang an das Alemannische, wozu besonders das zu zählen ist, daß man für „gewesen“ nicht gwëa, wie weiter nordwärts, zu hören bekommt, freilich auch noch nicht gsîn, aber schon die Mittelstufe gsein.

Was zuerst den Vokalbestand anlangt, so stimmt er vielfach mit dem des weiter nach Norden hin gesprochenen Schwäbischen zusammen, zeigt aber nicht unbedeutende Eigenthümlichkeiten, jedoch kommt er an Reichhaltigkeit dem Vokalismus des im Oberamt Spaichingen und Tuttlingen gesprochenen Dialekts lange nicht gleich. Ein ö und ü ist der Balinger Gegend fremd, ebenso ein eu und äu. Das oi, das weiter nördlich eine so wichtige Rolle spielt, findet sich hier fast nicht mehr. Alte Kürzen haben sich hie und da noch erhalten, im Allgemeinen aber überbietet der stark singende, breit hinausziehende Balinger Dialekt unsre Schriftsprache noch weit in dem Bestreben, ursprünglich kurze Silben in lange zu dehnen, und das nicht blos vor einfacher, sondern ganz besonders auch vor doppelter Konsonanz, in welchem Falle das Schriftdeutsche durchweg kurze Vokale aufweist. Nicht selten kommt es vor, daß der Dialekt Worte in ihrem früheren des Umlauts noch entbehrenden Zustande aufbewahrt hat, wie umgekehrt auch früher bestandener Umlaut, den die Schriftsprache aufgegeben oder eingebüßt, der Sprache des Volkes verblieben ist.

Die Liste der Vokale ist folgende.

1. a kurz a z. B. fall, wald, magd, hammër, handel, schdrang, maschdër Meister, lang, î was ich weiß, man morgen, wa was, waneng etc. Alte Kürze bewahrt in vaddër, waddan (waten), ’s schadd es schadet (mhd. schat).

Ohne Umlaut aschban Espe.

2. an das kurze a nasal gesprochen: ann, an fráu, an kend, aman kend einem Kinde, man man, loban loben etc.

3. â lang a. Alte Kürzen gedehnt wie im Schriftdeutschen, z. B. fâran, sâgan, drâgan, nâgan, mâlan mahlen, gschlâgan, nâgel, wâgan, zâl, an hâs, râ herab, was etc., Dehnung auch vor doppelter Konsonanz, z. B. nâchd, mâchd, dârm, mâdër Marder, wârm, schwâz schwarz, gârdan, lâg Lage, einnâm sind Wörter mit alter Länge.

4. âm, ân das lange a nasal ausgesprochen.

Alte Kürzen gedehnt n Zahn, ns Nase, n Mann, nan die Ahne, ânne (Adv.), n kann, n mag etc. Dehnung vor doppelter Konsonanz: mpf, krâmpf, lânkweilig, krânk, krânkəd, bânk (pl. bênk), nd, hând, schwânz (aber pl. wend, hend, schwenz), nzan etc.


  1. Von Pfarrer Schlenker in Frankenbach (früher in Erzingen).
Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann, Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Balingen. W. Kohlhammer, Stuttgart 1880, Seite 134. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABalingen0134.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)