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sie aber nur selten ausruhen dürfen, da ihre Aufgabe ist, unter der Thüre des Wirthshauses zu stehen und von den eintretenden Gästen die Hochzeitschenke in Empfang zu nehmen. Diese beträgt meist eine hübsche Summe und erleichtern ärmeren Brautleuten den Anfang des Hausstandes wesentlich, weshalb selbst der Arme seine Hochzeitschenke gibt und sei es mit 10 Pfennig. Ist die Braut von einem anderen Ort, so kommt Tags zuvor der Brautwagen mit dem Hausrath, reich den Wagen geziert mit Kränzen, der Fuhrmann, die Pferde und die Peitsche mit Bändern, mit gewaltigem Schießen zu Haus geladen und abfahrend, und ebenso in Empfang genommen und abgeladen. Hoch oben auf dem Wagen die Doppelbettlade, vor ihr die Wiege, hinter ihr die Kunkel, unter ihr der sonstige Hausrath. Auf dem Wagen sitzen vornen festlich gekleidet meist 2 Brautjungfern. Beim Einfahren wird ein Seil vorgespannt oder bilden Kinder eine Kette und der Fuhrmann muß sich lösen zur Weiterfahrt mit einem kleinen Trinkgeld. In Dürrwangen regalirt der Wirth, bei welchem die Hochzeit gehalten wurde, die neuen Eheleute und ihre Genossen am Tag nach der Hochzeit mit einem Saueressen. Nach der Hochzeit arbeiten Frau und Mann gleich emsig in Haus und Feld, sie reden von einander nur „der Mein,“ de Mein“. Unterbrochen wird die Arbeit durch wenige gute Stunden, die man sich gönnt mit besserer Kost und reicherem Trunk, an der Heukatz nach vollendetem Heubet, der Sichelhänget nach vollendeter Ernte, der Flegelhänget nach Beendigung des Dreschens. Ein rühmenswerther Zug ist, daß die Arbeiter, welche die Woche über gearbeitet haben in Einem Haus, auch am Sonntag zum Mittagessen kommen dürfen.

Gegen den Schluß des Winters und Anfang des Frühjahrs ist ein lang geplantes Familienfest die Metzel- oder Metzgersuppe, an welcher auch in nicht vermöglichen Familien ein Schweinchen abgeschlachtet wird, bei Vermöglicheren oft 2. Die Armen bekommen Kesselbrühe mit einer Wurst, den Kindern werden kleine Bratwürstchen verabreicht, in manchen Orten dürfen sie mitessen, nur müssen sie dann Teller, Messer und Gabel mitbringen. Der Pfarrer bekommt die sogenannte Schuldigkeit, immer den gleichen Braten mit einer langen Wurst. In manchem Ort hört jedoch die Schuldigkeit nach und nach fast ganz auf. Im Hause, wo gemetzelt wird, fehlt der Humor nicht. Ein Freund oder Nachbar findet sich an der Stuben- oder Stallthüre ein und singt:

Ich singe um den kleinen Magen,
Den großen könnt’ ich auch vertragen.
Es läuft eine goldene Schnur ums Haus,
Werfet auch ein Würstchen raus.

Unter Scherz und Lachen tritt er dann in die Stube und ißt vergnüglich mit. Wo nicht eingetreten wird ins Haus, wird eine Metzgersuppe den Freunden zugeschickt, meist unter einem weißen Schurz getragen, wie die Frauen überhaupt alles, was über die Straße getragen wird, unter dem Schurz verstecken.

Des Bauern Stolz ist sein Vieh und seine Miste; der Bäuerin der Butter und ihr Eierkorb, deren Ertrag häufig die vom zu genauen Manne im Etat der Haushaltung gestrichenen Posten decken muß, geheime Marktausgaben, oder gar ein verborgenes Schöpplein, hie und da selbst ein Schnäpslein. Das Brechen des Hanfes auf offener Straße

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Julius Hartmann, Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Balingen. W. Kohlhammer, Stuttgart 1880, Seite 123. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABalingen0123.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)