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worden sein; jedenfalls ist es nicht, wie Crusius (ps. 2, 24) schreibt, das von dem ersten Abt Walderich benützte Kirchlein. Die Unterhaltung der Kapelle hat der Staat.

Von dem einst so herrlichen, im Stil der Walderichskapelle gebauten Kreuzgange, der an der Südseite der Kirche stand, sind nur noch einige jetzt in der Kapelle selbst aufgestellte Säulenkapitelle zu sehen; sie waren in dem 1870 abgerissenen neueren Kreuzgang eingemauert; dieser bildete nur einen östlichen an den Südthurm stoßenden Arm und wurde, nachdem der alte nach der Nördlinger Schlacht unter Abt Emmerich abgerissen worden, ganz einfach als ein rundbogiger Pfeilergang aufgeführt. Damals wurden auch die schönen Stühle aus der Kirche entfernt und manche der Klostergebäude durch Feuer beschädigt. Einige Inschriften sind hier zu erwähnen: am Sockel des Südthurmes steht in altgothischer Schrift: obiit d. de hohenstain; und an der innern Wand des (jetzt abgerissenen) Kreuzganges las man neben einer schönen Kleeblattthüre in derselben Schrift: anno domini 1420 obiit Johannes de sunthain. prb. et ms. (presbyter et monachus).

Auf der Südseite steht noch das alte Refektorium, jetzt Wohnung des Revierförsters (Eigenthum des Staats), und zeigt gegen Süden, auf den Platz heraus, eine Reihe von 10 ganz schmalen tiefeingeschrägten frühgothischen Fenstern; ferner auf der Südostecke der sog. Fürstenbau, früher ein Jagdaufenthalt der württembergischen Fürsten, er zeigt an Wänden und Decken noch Spuren alter Bemalung. Südöstlich hievon steht, lang an der Helferatgasse hinlaufend, ein altes Kloster-Ökonomiegebäude; über dem Eingang seiner schmalen Nordseite sieht man eine Steintafel mit der Inschrift: Anno domini 1551 Thomas abbas Murhartensis hoc aedificium fecit, darunter sein Wappen mit einem Widder in dem Schilde.

Die Walderichskirche steht auf dem schönen, grünen Hügel südwestlich an der Stadt, auf dem der Sage nach der heilige Walderich seine Zelle hatte; sie wurde an der Stelle eines alten romanischen Kirchleins, das vielleicht auf den Trümmern eines römischen Tempels errichtet ward, erbaut. Die Jahreszahl ihrer Erbauung 1489 steht in prächtiger Schrift über den drei spitzbogigen Thüren eingehauen. Das erste Geschoß des niedern, zweistockigen, mit vierseitigem Zeltdach bedeckten Thurmes, der im Osten steht und den Chor bildet, stammt aus frühgothischer Zeit. Die Kirche hat schöngefüllte Spitzbogenfenster, und an der Nordwand zwei sehr merkwürdige Steine aus frühromanischer Zeit eingemauert. Der eine ist 6′ lang, 1′ hoch, und enthält in flacher Arbeit zwei gegen einander springende Löwen, er diente ohne Zweifel als Thürsturz an der ursprünglichen Kirche und trug einst den zweiten eingemauerten Stein,

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Backnang. H. Lindemann, Stuttgart, Stuttgart 1871, Seite 225. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABacknang.djvu/225&oldid=- (Version vom 1.8.2018)