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schöner neugothisch gefaßter Hochaltar, dessen mit Laubwerk verzierter Schrein aus spätgothischer Zeit stammt und eine große treffliche Holzschnitzerei enthält; sie stellt die Grablegung Christi dar und ist ein Werk von ergreifender Schönheit; die Gestalten sind stark aber wahr bewegt, die Gesichter von tiefem Schmerzensausdruck. An der linken Chorwand hängen 2 gut gemalte, spätgothische, jetzt auch wieder hergestellte Bildchen: Maria und Elisabeth und der englische Gruß; daneben ist aus Stein ein hübsches gothisches Sakramenthäuschen angebracht. Das Kirchlein ist Eigenthum und Begräbnißstätte der gräflichen Familie von Bissingen, die auch für die schöne Ausstattung desselben sorgte. An der nördlichen Schiffswand sieht man eine Marmortafel eingelassen, für Maria Gräfin von Bissingen, geb. 1835, gest. 1852. Vor dem Kirchlein sind Bäume gepflanzt und Bänke errichtet, ein schöner Rastort im frischen einsamen Waldthal.

Das stattliche neue Pfarrhaus wurde nach Abbruch des alten im Jahr 1836 von der vereinigten Stiftungspflege angekauft, die es auch zu unterhalten hat. Außer dem katholischen Pfarrer sind 2 Vikare angestellt, die ebenfalls im Pfarrhause wohnen.

Die evangelische Kirchengemeinde hat ein Privathaus gemiethet, in dem der Gottesdienst gehalten wird; es enthält zugleich ein Lehrzimmer für die evangelischen Kinder und die Wohnung des ständigen Pfarrverwesers, der den Schulunterricht zu leiten hat.

Die Gemeinde besitzt 2 Schulhäuser; das alte 1817 erbaute erhält 3 Lehrzimmer und die Realschule nebst der Wohnung des Oberlehrers; das daneben stehende neue, 1864 erbaute, hat 2 Lehrzimmer und Wohnungen für 2 ständige und 2 unständige Lehrer. Der Reallehrer wohnt gegen Miethentschädigung in einem Privathause.

Im Jahre 1833 wurde das jetzige Rathhaus gekauft und in einem hübschen Stile beinahe ganz umgebaut; es enthält neben den Gelassen für den Gemeinderath die Wohnung des Stadtschultheißen.

Ein Krankenhaus und ein besonderes Armenhaus bestehen.

Am Nordende der Stadt steht das neue, 1840–43 massiv aus Buntsandstein erbaute Schloß des hier wohnenden Grafen von Bissingen, ein schöner und bedeutender Palast, zweistockig mit dreistockigem, balkongeschmücktem Mittelbau; innen enthält es neben ansehnlichen Wohnräumen ein Archiv und eine Hauskapelle; vor dem Gebäude liegt ein schön angelegter Garten mit Bassin und Springbrunnen, und hinter dem Schloß ebenfalls ein Garten mit Springbrunnen, und daran schließt sich der große herrliche Park mit kleinem

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Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Oberndorf. H. Lindemann, Stuttgart 1868, Seite 289. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAB_Oberndorf_289.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)