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statt. Das Pfeffern am Tage der unschuldigen Kinder ist am Erlöschen. Am Feste des h. Nikolaus, sowie an Weihnachten, zum Theil am Neujahrsfest, geben die Eltern den Kindern Geschenke und an Ostern zuweilen Eier. Das Eierlesen, die Johannisfeuer etc. sind abgegangen. Ein ganz eigenthümlicher Volksgebrauch ist der Glocken- oder Schellenmarkt, welcher alljährlich am Pfingstmontag auf dem Vöhrenbühl (Parzelle von Lauterbach) von den Hirtenknaben der ganzen Umgegend abgehalten wird. An diesem Tage, dem einzigen im Jahr, an welchem die Hirtenbuben das Privilegium haben, das Vieh nicht hüten zu müssen, kommen nun die Hirtenknaben von allen Seiten zusammen und bringen möglichst viele Viehglocken mit, mit denen sie einen bedeutenden Lärm machen, und sie unter einander verkaufen und vertauschen, wobei oft die lächerlichsten Verkäufe und Tausche vorkommen. Auch Krämer stellen sich ein, die Peitschen und Tabackspfeifen zum Verkauf bringen; andere Waren zu verkaufen ist, da der Glockenmarkt in einen Krämermarkt auszuarten droht, verboten. Außer den Hirtenknaben finden sich auch Erwachsene beiderlei Geschlechts ein, was nicht selten zu Ausgelassenheiten führt. Für Erfrischungen sorgen die beiden vorhandenen Wirthschaften. 1

Die Tracht ist, mit Ausnahme der gewerbetreibenden Orte, noch die alte ländliche, die jedoch in einzelnen Bauernorten auch zu weichen beginnt und allmählig der städtischen Platz zu machen droht. Im Schwarzwald und am Saume desselben, tragen die Männer breitkrämpige Filz- oder Strohhüte (Schlapphüte), in Hochmössingen und Lauterbach auch hohe schwarze Filzhüte, blaue, grün, zuweilen auch roth ausgeschlagene Tuchröcke mit stehendem Kragen, großen, platten, übereinandergreifenden Metallknöpfen und sehr kurzer aber breiter Taille, an der zwei große Knöpfe weit auseinander stehen. Nicht selten wird auch statt des Rockes ein blautuchenes, ebenfalls grün ausgeschlagenes Wams getragen. Das Brusttuch (Weste) ist meist von dunklem Manchester oder Tuch, in einzelnen Orten noch von rothem Scharlachtuch; die tuchenen, zwilchenen oder schwarzledernen Hosen werden von breiten grünen Hosenträgern gehalten. Die Tracht des weiblichen Geschlechts besteht in einem schwarzen sog. deutschen Häubchen mit breiten, stark in die Wangen hereingreifenden Bändern, die unter dem Kinn geknüpft werden; über dem Häubchen sitzt dann bei den Bewohnerinnen von Lauterbach, Aichhalden und der Umgegend ein schwarzer Strohhut in der Form der gewöhnlichen Filzhüte mit hohem, gegen oben etwas auswärts geschweiftem Kopfe, von dem schwarze Bänder bis zu der ziemlich breiten Krämpe herunter gehen; sonst werden auch gelbe breitkrämpige Strohhüte

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Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Oberndorf. H. Lindemann, Stuttgart 1868, Seite 078. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAB_Oberndorf_078.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)