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wohl kommen zuweilen die Masern und hin und wieder der Keuchhusten unter den Kindern vor; sie sind aber bis jetzt meist leicht und gutartig verlaufen. Gastrische Fieber und typhöse Erkrankungen kommen in der Stadt nur vereinzelt vor, während sie auf dem Lande häufiger sind. In Schramberg ist das Schleimfieber endemisch; im Jahr 1854 herrschte daselbst und in der Umgegend – auch in den höher gelegenen Orten eine ausgedehnte Ruhrepidemie; im Jahr 1865 war in Schramberg eine kleine Pockenepidemie mit circa 100 Erkrankungen und 11 Sterbfällen, und in Seedorf, einem an der sumpfigen Eschach gelegenen Orte, war in demselben Sommer das Nervenfieber ziemlich bösartig aufgetreten, und hat mehrere Monate gedauert. Abgesehen hievon erscheinen im Bezirke hauptsächlich Krankheiten der Athmungswerkzeuge; unter diesen sind es akute Lungen- und Brustfellentzündungen, Muskelrheumatismen, Brustkatarrhe, unter den Kindern Croup und Bronchiten, sodann Krankheiten der Digestionsorgane, gastrische Fieber bei Erwachsenen, und bei Kindern saure Diarrhöen und Brechruhren. Von chronischen Krankheiten sind es besonders im Thal und in bergigten Gegenden Lungenemphyseme und Tuberkulose der Lungen, die zur Behandlung kommen. Beim weiblichen Geschlechte hat man es häufig mit Wochenbettkrankheiten – Kindbettfieber zu thun, und vielfach muß bei Geburten Kunsthilfe geleistet werden, besonders auf dem Lande, wobei die Wendungen prävaliren, und ihren Grund wohl hauptsächlich darin haben, daß die Frauen viel arbeiten, im Zustande der Schwangerschaft Lasten heben und tragen, überhaupt schwere Arbeiten verrichten müssen, wodurch die Gebärmutter oft stark gepreßt, ihre längliche Gestalt verliert und mehr eine runde Form annimmt und dadurch zu Querlagen Veranlassung gegeben wird. Daß die Stadt Oberndorf in Betreff des Gesundheitszustandes zu den günstigsten Orten des Bezirks gehört, mag seinen Grund wohl in seiner Lage haben. Die Stadt ist nämlich auf einem Tuffsteinfelsen erbaut, durch dieselbe wird ein starker, rasch fließender klarer Bach geleitet und im Thale fließt der Neckar an der unteren Vorstadt vorbei. Gegen Südwest ist Oberndorf einer starken Luftströmung ausgesetzt, während es gegen Nord- und Westwinde tüchtigen Schutz hat; es kann daher an der für die Gesundheit nöthigen Reinlichkeit und Lufterneuerung nicht fehlen. Die Sterblichkeit ist im Bezirke wie überall im ersten Lebensjahr am größten, wovon die Ursache, abgesehen von der angeborenen Zartheit und Schwächlichkeit der Kinder, in einer fehlerhaften Ernährung liegt. Unter den Erwachsenen erreichen im allgemeinen doch nicht so gar wenige das 70ste Jahr und darüber. Nachstehende Zusammenstellung

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Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Oberndorf. H. Lindemann, Stuttgart 1868, Seite 074. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAB_Oberndorf_074.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)