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an demselben gestandenen Linde so genannt, durch seinen höheren Wärmegrad auszeichnet; die an dem südlichen Ende des Ortes befindliche Quelle liefert ein sehr weiches Wasser, das vorzugsweise als Trinkwasser benützt wird. Überdieß fließt der von Conweiler herkommende Feldrennacher Bach der Länge nach durch den Ort, um sich 1/4 Stunde unterhalb desselben mit der Pfinz zu vereinigen.

Die Einwohner sind im Allgemeinen kräftig und erreichen zuweilen ein hohes Alter, übrigens zeigen sich bei ihnen nicht selten Spuren des Kretinismus und Scrophelnkrankheiten; Ruhr, Schleim- und Nervenfieber sind stets wiederkehrende Krankheitsformen. In Betreff der Lebensweise und Sitten haben sie viel mit den badischen Nachbarn gemein, mit denen sie in stetem Verkehr leben, wie sich überhaupt bei ihnen ein merkantilischer Sinn vorzugsweise geltend macht. Eine besondere Sitte ist, daß am Erscheinungsfest (Obersten) jeder Hausvater mit Weib und Kind in das Wirthshaus geht. Ihre Haupterwerbsquellen bestehen in Feldbau, Viehzucht, Handel mit Holz, Vieh, Obst, Gemüse etc. und etwas Gewerbe; außer den gewöhnlichen Handwerkern ist die Holzschuhfabrikation, welche etwa 6 Personen beschäftigt, und ein Seiler zu nennen, der mit Seegrasflechten gegenwärtig 10 Personen beschäftigt, und sich auch durch Verfertigung geschmackvoll geflochtener Jagdtaschen auszeichnet. Die Vermögensumstände der Einwohner gehören zu den mittelmäßigen; der ausgedehnteste Güterbesitz beträgt 22 Morgen, der mittlere 6 Morgen, viele haben nur 1–2 Morgen oder gar kein Grundeigenthum. Etwa 400 fl. werden für Armenunterstützungen verwendet.

Der Boden der verhältnißmäßig kleinen, übrigens meist ebenen Markung, ist nicht fruchtbar und besteht aus einem leichten mit Lehm gemengten Sand, den in einer Tiefe von 1–2′ der bunte Sandstein unterlagert; an einzelnen Stellen kommen auch Mergel und Thon vor. Der Boden begünstigt im Allgemeinen eine starke Verrasung, besonders greift das Queckengras sehr um sich und soll sich nur mittelst des noch üblichen Brennens der Felder zurückhalten lassen.

Das Klima ist rauher als in dem nur 1/2 Stunde entfernt gelegenen Ottenhausen, dagegen milder als in dem nahen Conweiler und noch mehr als in Dennach. Die Ernte tritt um 8 Tage früher als in Conweiler und um 14 Tage früher als in Dennach ein. Frühlingsfröste schaden nicht selten den Obstbäumen, dagegen gedeihen in günstigen Jahrgängen auch Bohnen, Welschkorn etc. Hagelschlag kommt nicht häufig vor.

Die Landwirthschaft, welche früher ganz vernachlässigt wurde, hat sich, seit man die Waldungen nicht mehr so stark ausbeuten darf,

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Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Neuenbürg. Karl Aue, Stuttgart 1860, Seite 154. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAB_Neuenbuerg_154.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)