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Der Gemeindehaushalt ist geordnet und die Gemeindeschadensumlage beträgt jährlich 1800 fl.; das Vermögen der Stiftungspflege ist ganz unbedeutend. 1

Von den Alterthümern und Merkwürdigkeiten in der Nähe der Stadt nimmt die Ruine Hohen-Nagold, auch Nagolder Schloß genannt, die erste Stelle ein. Zu der ehemaligen Burg, welche den Grafen von Hohenberg gehörte, führt von der Stadt ein schön angelegter Weg im Schatten dichter Waldungen, die mit den verschiedensten Holzarten bestockt sind, und dem Botaniker reiche Ausbeute liefern. Die namhaften Ruinen der ehemaligen Burg stehen auf der äußersten Spitze eines schmalen, sehr steilen Bergrückens; sie war daher auf drei Seiten von Natur unzugänglich und auf der vierten nordwestlichen Seite durch einen tiefen, quer über den schmalen Rücken geführten Graben, vertheidigt. Außerhalb dieses Grabens trifft man noch Reste von den Vorwerken, in einer festen, mit Halbrondelen und eckigen Halbthürmchen versehenen Mauer bestehend, die einen namhaften Raum umschließen, zu dem man durch ein großes, rundbogiges Thor, das äußere Thor genannt, gelangt. Dieser Raum heißt die Vorburg und wird gegenwärtig als Ackerland benützt; an der Südseite der Vorburg führt der tiefe Burggraben hin, über den ursprünglich eine Zugbrücke (jetzt Erddamm) zu der eigentlichen inneren Burg angelegt war. An der inneren Burg angekommen, gelangt man durch einen ebenfalls rundbogigen Eingang in den inneren ansehnlichen Burghof, der beinahe ein gleichschenkeliges Dreieck bildet und mit einer starken Mauer umfriedigt ist; außerhalb derselben lauft ein Zwinger und außerhalb diesem eine zweite mit Halbrondelen und viereckigen Halbthürmen versehene Mauer, welche die Vertheidigungswerke der Burg abschließt. An der südlichen, gegen den Burggraben gekehrten Seite der Burg steht an der inneren Mauer, die hier 8′ dick ist und gleichsam den Burgmantel bildete, ein runder, etwa 70′ hoher Thurm, der auf der Ostseite 30′ über der Erdfläche einen rundbogigen Eingang enthält; einen weiteren Eingang hat derselbe auf der nördlichen Seite, zu dem man von dem Umgang der Ringmauer gelangen konnte. Erst in neuerer Zeit ist an der Erdfläche die 10′ dicke Mauer des Thurms durchbrochen und derselbe zugänglich gemacht worden; der ursprünglich hölzerne Einbau ist übrigens gänzlich zu Grunde gegangen und der Thurm daher nicht mehr besteigbar, dagegen macht ein Blick durch das Lichte des Thurms bis zu der mit Waldbäumen und Sträuchern bewachsenen offenen Zinne, einen seltsamen Eindruck.

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Nagold. Karl Aue, Stuttgart 1862, Seite 112. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAB_Nagold_112.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)