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Beinahe in der Mitte des Orts steht das kleine Kirchlein (Kapelle), über dessen spitzbogigem Eingang die Jahrszahl 1520 angebracht ist. Auf dem westlichen First desselben sitzt ein kleines verschindeltes Thürmchen (Dachreiter) und der mit einem halben Achteck schließende Chor enthält Spitzbogenfenster, deren Maßwerke herausgenommen wurden; in einem derselben befinden sich noch Bruchstücke von guten Glasgemälden mit der Jahrszahl 1572; die Kapelle enthält einen alten, im germanischen Geschmack gehaltenen Taufstein und wird von der Stiftungspflege und der Gemeinde unterhalten.

Begräbnißplatz ist keiner vorhanden, die Verstorbenen des untern Orts werden nach Loßburg, die des obern nach Lombach beerdigt.

In dem erst 1835 mit einem Gemeindeaufwand von 5000 fl. erbauten Schulhaus ist auch die Wohnung des Lehrers eingerichtet. Für den Gemeinderath wird ein Zimmer in dem Gasthaus zur Linde benützt.

Der Ort hat neben mehreren Pumpbrunnen 2 laufende Gemeindebrunnen, deren Wasser 1/2 Stunde weit hergeleitet wird, ferner einen Privatbrunnen, welcher in der Nähe des Orts entspringt. Die Brunnen liefern gutes Wasser, das übrigens in ganz trockenen Jahrszeiten ausbleibt, so daß Wasser aus der Kinzig und in Loßburg geholt werden muß.

Die mittelgroße, übrigens größtentheils mit Wald bestockte Markung ist ziemlich uneben und hat einen mittelfruchtbaren, meist rothsandigen Boden; im östlichen Theil der Markung tritt vorherrschend ein unfruchtbarer Thonboden (Verwitterung des Wellenmergels) auf. Die ergiebigsten Güter liegen im Grabenhölzle, am Karrenweg und in den Lehen. Das Klima ist rauh und nicht selten schaden Frühlingsfröste, kalte Nebel und Hagelschlag. Die Landwirthschaft wird ohne Flurzwang fleißig betrieben und zur Besserung des Bodens, außer den gewöhnlichen Düngungsmitteln, auch Asche angewendet; das Brennen der Felder ist noch ziemlich allgemein. Der Flanderpflug findet allmälig Eingang. Der Anbau, die Aussaat und der Ertrag der Felder ist wie in dem nahe gelegenen Loßburg (s. die Ortsb. von L.). Die früher viel höher gestandenen Ackerpreise bewegen sich gegenwärtig von 20–80 fl. per Morgen. Der Ertrag der Felder reicht zur Befriedigung des örtlichen Bedürfnisses nicht hin, daher viel Getreide von Außen aufgekauft werden muß. Die Wiesen können nicht bewässert werden und ertragen durchschnittlich pr. Morgen 18–20 Ctr. Heu und 6–8 Ctr. Öhmd; die ergiebigsten werden gegenwärtig mit 80–100 fl., die geringsten mit 50 fl. pr. Morgen bezahlt.

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Freudenstadt. Karl Aue, Stuttgart 1858, Seite 305. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAB_Freudenstadt_305.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)