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der Flößerei, wobei sie öfters mit Lebensgefahr das gefällte Holz von den steilen Höhen herabzubringen und nicht ohne Gefahr zu verflößen haben. Einen interessanten Anblick gewährt nicht nur das sog. Riesen des Langholzes und das Schlitten des Scheiterholzes, sondern auch der Abgang eines Floßes, welchen die muthigen, unerschrockenen Flößer mit sicherem, kräftigem Arm über die gefährlichsten Floßgassen in den mannigfaltigen Krümmungen des Flüßchens durchzuführen wissen. Von Gewerben sind außer den für die nöthigsten Bedürfnisse arbeitenden Handwerkern 2 Mühlen (eine mit 2 Mahlgängen und einem Gerbgang, die andere mit einem Mahlgang und einem Gerbgang), 2 Sägmühlen und einige Schildwirthschaften zu nennen. Über den Bergbau in den zu beiden Seiten des Reinerzauer Thales anstehenden, primitiven Gebirgen s. oben im allgem. Theil „Gewinnung von Mineralien“; gegenwärtig wird noch eine Grube in buntem Sandstein mit einem Steiger und 5 Bergleuten, jedoch bisher ohne Erfolg betrieben.

Gute Bausteine (bunter Sandstein) werden allenthalben gebrochen oder los herumliegende Trümmergesteine hiezu benützt.

Die sehr große, gegen 3 Stunden an der Grenze gegen das Großherzogthum Baden sich ausdehnende, größtentheils mit Wäldern bestockte Markung ist äußerst uneben und besteht hauptsächlich aus dem sehr tief eingeschnittenen Kinzigthale, welches sie der Länge nach durchzieht und das mit seinen steilen, hohen Gehängen und einzelnen Seitenthälchen, den Gemeindebezirk bildet; nur im Westen der Markung auf dem sog. Roßberg tritt eine waldige Hochebene von einiger Bedeutung auf. Der für die Landwirthschaft benützte Boden besteht meist aus den Verwitterungen der primitiven Gebirgsarten und theilweise aus dem Todtliegenden; er ist im Allgemeinen wenig fruchtbar, ziemlich hitzig und daher in nassen Jahrgängen ergiebiger als in trockenen. Der für den Wald benützte Boden ist rothsandig (Verwitterung des bunten Sandstein und des Todtliegenden) und eignet sich vortrefflich für die Waldkultur. In den Thalebenen haben sich fruchtbare Alluvialböden abgelagert, die an einzelnen Stellen Neigung zur Moor- und Torfbildung zeigen.

Die klimatischen Verhältnisse sind ziemlich rauh und Frühlingsfröste wie kalte Nebel schaden bei dem heftigen Thalzug nicht selten, daher auch die Obstzucht in ganz unbedeutender Ausdehnung statt findet. Hagelschlag kommt ziemlich häufig vor. Der an den steilen Vorhügeln der Thalgehänge mühsam betriebene Feldbau gewährt nur geringen Ertrag, so daß die meisten Lebensmittel von außen bezogen werden müssen. Man baut hauptsächlich Roggen, Hafer, Kartoffeln

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Freudenstadt. Karl Aue, Stuttgart 1858, Seite 301. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAB_Freudenstadt_301.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)