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dem Neubau derselben aufgegeben und außerhalb des Orts (nördlich) verlegt; auf demselben werden auch die Verstorbenen von Rodt beerdigt.

Von der früheren Kirche sind 2 Schlußsteine (vermuthlich vom Chorgewölbe), die Mutter Gottes und den heiligen Jacob, dem die Kirche geweiht war, vorstellend, in ein nahe stehendes Haus eingemauert; die Kirche enthielt überdieß ein gut construirtes Tabernakel mit der Jahrszahl 1499.

Das ansehnliche Schulhaus wurde im Jahr 1838 neu erbaut; es enthält außer den Schulgelassen noch die Wohnungen der beiden Lehrer (Schulmeister und Unterlehrer) und die Gemeinderathssstube. Außer der Industrieschule besteht eine in neuester Zeit errichtete Strohflechterei, in welcher unbemittelte Kinder Beschäftigung finden.

Ein massives Gemeindeback- und Waschhaus wurde im Jahr 1843 erbaut.

Der Ort hat 2 laufende, 1/2 Stunde weit hergeleitete Brunnen, welche auch in trockenen Jahrgängen hinlänglich Wasser liefern. Auf der Markung entspringt etwa 1/4 Stunde westlich vom Ort die große Kinzig; von ihr wird ein Arm, der sogen. Mühlbach abgeleitet und mitten durch das Dorf geführt, um ihn später mit dem der Glatt zufließenden Fischbach zu vereinigen. Hiedurch wird nicht nur die Wasserscheide zwischen der Kinzig und der Glatt oder im weiteren Sinn zwischen dem Rhein und dem Neckar auf eine künstliche Weise gestört, sondern auch die seltsame Erscheinung hervorgerufen, daß man hier in einem, auf der Wasserscheide hoch gelegenen Ort Mühlwerke trifft, und zwar im Dorf selbst 2 Mühlen mit je 2 Mahlgängen und einem Gerbgang und außerhalb desselben eine Loh- und Ölmühle mit Hanfreibe. Zunächst (westlich) am Ort bestanden früher 2 Weiher, die längst in üppigen Wiesengrund umgewandelt sind. Nach dem Landbuch von 1624 gehörte einer derselben, welcher gegen 3 Morgen im Maß hielt, dem Kloster Alpirsbach. Unten an dem Weiher bestand früher eine Badstube, welche Erblehen des Klosters Alpirsbach war, dem sie auf Lichtmeß 1 fl. zinste. Im Wiesenthal kommen mehrere sogen. Seltenbrunnen, welche nur bei sehr nasser Witterung fließen, vor.

Die im Allgemeinen körperlich kräftigen und fleißigen Einwohner sind mit Ausnahme Einzelner in nicht günstigen Vermögensumständen; ihre Hauptnahrungsquellen bestehen in Feldbau, Viehzucht und Waldarbeiten. Gelegenheit zu Verdienst geben auch die südlich vom Ort im obern bunten Sandstein angelegten Steinbrüche, aus denen die weithin bekannten und gesuchten Loßburger Platten

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Freudenstadt. Karl Aue, Stuttgart 1858, Seite 264. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAB_Freudenstadt_264.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)