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treiben Fruchthandel nach Freudenstadt und in das Großherzogthum Baden.

Die ziemlich große Markung ist, mit Ausnahme der östlich gelegenen Hochfläche, meist uneben und wird von mehreren Thälern (Glatt-, Lauter-, Bürgen-, Mühlbach-Thal etc.) tief durchfurcht.

Der im Allgemeinen mittelfruchtbare Boden besteht theils aus ergiebigen, kalkreichen Verwitterungen des Hauptmuschelkalks, theils aus unfruchtbaren, theilweise keiner Kultur fähigen Wellenmergeln, während in den tiefer, den Thalebenen näher gelegenen Partien eine ziemlich fruchtbare Verwitterung des rothen Schieferlettens vorkommt.

Das Klima ist rauh und kalte Nebel, wie auch Frühlingsfröste schaden häufig den Obstbäumen. Die Landwirthschaft wird im Dreifeldersystem gut und fleißig betrieben; bei einer Aussaat von 9 Simri Dinkel, 5 Simri Hafer, 4 Simri Roggen, 4 Simri Weizen wird der durchschnittliche Ertrag eines Morgens zu 6 Scheffel Dinkel, 3–4 Scheffel Hafer, 2 Scheffel Roggen und 4 Scheffel Weizen angegeben; letzterer gedeiht gut und Dinkel, wie auch Hafer kommen vorzugsweise zum Anbau. Außer den Cerealien baut man Kartoffeln, Futterkräuter, Flachs, Hanf etc.

Die vielen Wiesen, die beinahe alle gedüngt werden, liefern gutes Futter; 25–30 Centner Heu und 12 Centner Öhmd pr. Morgen.

Die nicht ausgedehnte Obstzucht liefert selten einen erheblichen Ertrag.

Die namhafte Rindviehzucht bildet eine besondere Erwerbsquelle und läßt einen beträchtlichen Handel zu; sie wird durch 2–3 Farren gepflegt, welche ein Bürger gegen Gemeindeunterstützung hält.

Auf der Markung laufen etwa 160 Stücke Bastardschafe; sie sind Eigenthum der Ortsbürger, welche von dem Stück 30 kr. Weidgeld an die Gemeinde entrichten. Die Pferchnutzung trägt der Gemeindekasse jährlich 150–200 fl. ein. Westlich vom Ort sind mehrere Steinbrüche in den oberen Schichten des bunten Sandsteins angelegt, die sehr schöne, weithin gesuchte Platten liefern; auch wird in dem Glatt-Thale jüngerer Süßwasserkalk (Kalktuff), den man als Baustein benützt, gebrochen. Gute Hafnererde gewinnt man am sogenannten Palmbühl; nicht bauwürdige Spuren von Torf finden sich im Glatt-Thal. In der Umgegend des Orts kommen sehr viele Schnecken vor, die früher gesammelt und nach Straßburg geliefert wurden; vor etwa 30 Jahren bestand noch ein eigener Schneckengarten.

Vicinalstraßen sind nach Dornstetten, Aach, Freudenstadt, Lombach, Böffingen und Schopfloch angelegt.

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Freudenstadt. Karl Aue, Stuttgart 1858, Seite 229. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAB_Freudenstadt_229.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)