Seite:OAB Freudenstadt 057.png

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Von chronischen Krankheiten kommen, abgesehen von der Krätze, am häufigsten vor: Scropheln, englische Krankheit (Rhachitis), chronischer Catarrh und Lungen-Emphysem mit Kurzathmigkeit, Gicht und Lungentuberculose. – Die vorherrschenden Formen, unter denen die Scropheln sich darstellen, sind scrophulöse Augenentzündungen, Kopfausschläge und Tabes meseraica. Nicht so gar selten sind auch scrophulöse Gelenksleiden und Beinfraß, namentlich an Hüft- und Kniegelenken. – Die englische Krankheit ist besonders unter den niedern Volksklassen sehr verbreitet. An Lungen-Emphysem und Athmungsbeschwerden leiden viele ältere Personen in Folge vernachlässigter Catarrhe und Brustentzündungen. Das Übel endigt in der Regel mit Brustwassersucht.

Seltener ist die tuberculose Lungenschwindsucht und, wenn sie vorkommt, meist in hereditären Verhältnissen begründet. Die Gicht kommt ziemlich häufig, namentlich beim weiblichen Geschlechte in und nach den climacterischen Jahren, unter der Form der Arthritis anomala vaga, Gries- und Blasensteinbildung dagegen nur ausnahmsweise und vereinzelt vor. Dasselbe gilt von der Bleichsucht. Carisnomatöse Leiden sind ziemlich selten. Organische Herzkrankheiten, meist von Rheumatismus acutus abstammend, sind keine seltene Erscheinung. Von nervösem Hüftweh (ischias), rheumatischen Ursprungs, kommen zahlreichere Fälle, als an anderen Orten, zur Beobachtung. Epilepsie und Hysterie, namentlich die letztere, werden selten beobachtet. Syphilitische Krankheiten sind im Ganzen selten.

Die Krätze war in früheren Jahren im Bezirke sehr stark verbreitet. Auffallend war die Vermehrung der Zahl der Krätzigen in dem Zeitraum vom Jahr 1849 bis 1855. Sie mußte in den Jahren 1852 und 1855 in mehreren Orten (Loßburg, Baiersbronn, Göttelfingen, Besenfeld) unter unmittelbarer Staatsfürsorge behandelt werden. – Eigentlich endemisch herrschte sie in den vereinzelten Parcellen von Baiersbronn. Seit Ende des Jahres 1855 hat sich eine sichtliche Abnahme ihrer Verbreitung im Bezirke bemerklich gemacht.

Geisteskrankheiten sind gleichfalls nicht besonders häufig. Nur der Säuferwahnsinn, eine Folge des unter der arbeitenden Klasse noch herrschenden Missbrauchs des Branntweins, macht hievon eine Ausnahme.

Von endemischen Krankheiten im engeren Sinne sind zu erwähnen: Wechselfieber, Kropf und Cretinismus. Erstere sind eine seltene Erscheinung und, wenn sie vorkommen, meist von außen hereingebracht. Kropf und Cretinismus herrschen als endemische Leiden vorzugsweise auf dem Muschelkalkgebiete und hier wieder am

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Freudenstadt. Karl Aue, Stuttgart 1858, Seite 057. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAB_Freudenstadt_057.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)