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Georg Ebers: Der Canal von Suez. Aus: Nordische Revue. Band 2

die große description de l’Egypte[1] übergegangene Irrthum veranlaßte Napoleon, von seinem großen Plane abzustehen; er war aber an die exacte Richtigkeit der Messungen seiner Ingenieure gewöhnt und konnte das nicht ahnen, was auch wir nicht zu begreifen vermögen: nämlich, wie so gewandte Männer es möglich gemacht haben, einen so groben Fehler bei der Erledigung einer so wichtigen Frage zu begehen. Spätere Vermessungen, von denen wir weiter unten reden werden, haben nämlich ergeben, daß zu Ebbezeit das Meeresniveau bei Tineh[2] nur um etwa 1 Zoll höher sei, als bei Suez, zur Fluthzeit aber das rothe Meer höchstens um 1 Fuß 5½ Zoll höher stehe, als das mittelländische. Eingerechnet die Aequinoctial-Springfluth, beträgt der mittlere Unterschied des Wasserstandes beider Meere 4, die höchste Differenz 8 ¾ Pariser Fuß. – Bemerkenswerth erscheint es, daß schon die Baumeister der Pharaonen in den Irrthum der französischen Ingenieure verfallen sind.

Wenn aber auch durch die falschen Lepère’schen Berechnungen der Bau des Suez-Canals verzögert worden sein sollte, so darf doch der Bericht der Napoleonischen Ingenieure, außer wegen des reichen Materials, das er herbeibringt, auch insofern dankenswerth genannt werden, als er es gewesen ist, welcher Herrn von Lesseps auf das große Project des Kaisers aufmerksam gemacht und ihn veranlaßt hat, sein Leben und seine Kräfte in wunderbar hingebender, geschickter und erfolgreicher Weise der Herstellung eines Suez-Canals zu widmen. Vielen unserer Leser wird der Name Lesseps bekannt sein; wenige werden aber wissen, wie gerade dieser nicht eben reiche französische Edelmann dazu gekommen ist, ein Werk zu beginnen und wahrscheinlich zu vollenden, welches die Mittel eines Königs und den Einfluß eines Kaisers in Anspruch nimmt.

1831 wurde er - so können wir seiner eigenen Erzählung folgend berichten – als Viceconsul von Tunis nach Aegypten geschickt. Er legte diese Reise auf einem langsamen Segelschiffe in 37 Tagen zurück und mußte zu Alexandrien eine Quarantaine bestehen, obgleich er aus einem vollkommen gesunden Lande in ein für ungesund verrufenes gekommen war. Herr Mimaut, der damalige Consul, ein ebenso geist- als kenntnißreicher Mann, besuchte natürlich seinen jungen Amtsbruder und brachte ihm, damit er seine gezwungene Muße nützlich verwenden könnte, die große description de l’Egypte, in der er auch den Lepère’schen Aufsatz

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Die Description de l’Égypte war das Ergebnis der Ägyptischen Expedition Napoléon Bonapartes.
  2. Dorf in Unterägypten in der Nähe der antiken Stadt Pelusion.
Empfohlene Zitierweise:
Georg Ebers: Der Canal von Suez. Aus: Nordische Revue. Band 2. Leipzig: Veit und Comp. 1864, Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Nordische_Revue_Band_2_(1864)_009.jpg&oldid=- (Version vom 18.12.2016)