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Georg Ebers: Der Canal von Suez. Aus: Nordische Revue. Band 2

viele schwer beladene Lastschiffe den Canal befahren konnten. – Strabo hat ihn gesehen und sagt von demselben, er münde bei Arsinoe[1] in das rothe Meer, durchschneide die sogenannten bitteren Seen[2] und werde von Thoren verschlossen, die man nach der Beschreibung des Diodor für ein System von doppelten Schleusen halten muß, welche der Brauchbarkeit des Canals in jeder Beziehung förderlich waren. Weiter erfahren wir, daß das in die bitteren Seen einfließende süße Wasser die Natur derselben so verändert habe, daß sich Fische in ihnen gehalten und Wasservögel ihre Ufer besucht hätten.

Die Behauptung, der Canal des Ptolemäus habe schon zur Zeit der Kleopatra nicht mehr existirt, ist vollkommen grundlos, denn sie stützt sich lediglich auf eine Stelle im Plutarch, welcher erzählt, daß, als Antonius nach der unglücklichen Schlacht von Actium nach Alexandria zurückkam, er die Courtisane im Purpur, die eben so schöne als reichbegabte Kleopatra, mit dem riesenhaften Unternehmen beschäftigt gefunden habe, ihre Flotte über die Landenge, welche das mittelländische vom rothen Meere trennt, zu schaffen. Diese Nachricht braucht nicht verworfen zu werden, wenn auch die Wasserstraße des Philadelphus noch nach der Schlacht bei Actium befahren werden konnte, denn der Canal, welcher ja seine Speisung aus dem Nil erhielt, war wohl nur zur Zeit der Ueberschwemmung schiffbar, und Antonius muß im Februar oder März zu Kleopatra gekommen sein, während der Nil schon Anfangs Juni zu steigen, seine höchste Höhe im September zu erreichen und Ende Januar vollkommen zurückgetreten zu sein pflegt. Ein sehr gültiger Beweis für das längere Bestehen des amnis Ptolemaeus, wie Plinius den Canal des Philadelphus nennt, liegt in den Berichten einiger arabischer Schriftsteller, welche ihn von Trajan gegründet und übereinstimmend mit den Geographen Ptolemäus „Trajans-Canal“ genannt werden lassen, woraus man schließen darf, daß irgend ein schmeichlerischer Präfect den großen Bau mit dem Namen seines Gebieters, der Aegypten niemals besucht und sich für dasselbe keineswegs besonders interessirt hat, geschmückt habe. Jedenfalls ist es unwahrscheinlich, daß ein stolzer Imperator ein verfallenes Werk, an dem er durchaus kein Theil haben kann, nach seinem Namen benennt. Im Jahre 1799 gelang es dem Franzosen Lepère[3], dem Haupte der napoleonischen wissenschaftlichen Commission, die

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Das antike Arsinoe entspricht dem heutigen Dorf Ardscherúd nahe der Stadt Sues.
  2. Die Bitterseen sind Teil des heutigen Sueskanals.
  3. Jacques-Marie Le Père
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Georg Ebers: Der Canal von Suez. Aus: Nordische Revue. Band 2. Leipzig: Veit und Comp. 1864, Seite 6. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Nordische_Revue_Band_2_(1864)_006.jpg&oldid=- (Version vom 18.12.2016)