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Georg Ebers: Der Canal von Suez. Aus: Nordische Revue. Band 2

sich um Wiederbelebung eines Bassins, um welches herum die Stätten und Wiegen aller Cultur lagern; es handelt sich um Eröffnung neuer Wege, um neue Bewegung und Berührung der Völker unter einander, und die Bewegung und die Berührung der Völker sind die mächtigsten Mittel, die wirksamsten Hebel der Civilisation; sie sichern den Frieden und mit dem Frieden den Reichthum und das Glück der menschlichen Gesellschaft.“

Diese Zeilen des für sein großes Unternehmen in wahrer Begeisterung glühenden Mannes, tragen zwar den Stempel französischer Emphase und jener den romanischen Völkern eigenen Lust an poetischer Uebertreibung, schießen aber doch nicht allzuweit über das Ziel hinaus; denn erstens hat die deutsche Journalistik in der That die Suezfrage in hunderten von Aufsätzen besprochen und beleuchtet und zweitens ist die Durchstechung jener Landzunge von so mächtiger Wichtigkeit, daß unser berühmter Geograph Petermann in seinen „Mittheilungen“[1] sagen konnte: „Wenn es möglich wäre, eine Brücke von Calais nach Dover oder gar von Europa nach Amerika zu schlagen, so würde das auf den Weltverkehr und auf die Machtstellung der Völker der Erde bei weitem nicht den Einfluß haben, als die Zerstörung der Brücke, des schmalen terrestrischen Bandes, welches Asien mit Afrika verbindet.“

Diese Ansicht stammt nicht von gestern oder heute, sie hat vielmehr ein ebenso hohes Alter, als das erste Blatt, welches von dem Buche der Weltgeschichte bis auf uns gekommen ist.

Schon dem alten Culturvolke der Aegypter konnte es nicht entgehen, welch ungeheurer Vortheil dem Nilthale durch einen das mittelländische und rothe Meer verbindenden Canal erwachsen würde. Wir hören von den griechischen Historikern, daß schon der Pharao Sesostris, der Ramses Miamun der Denkmäler im 14. Jahrhundert vor Chr.[2], eine Durchstechung des Isthmus von Suez unternommen, später aber eingestellt habe, weil ihm von seinen Baumeistern gesagt worden wäre, das rothe Meer liege höher, als der Boden von Aegypten und würde, durch den Canal in den Nil fluthend, das befruchtende Wasser des heiligen Stromes verderben und den gesegneten Boden des Deltas verwüsten.

Diese Nachricht, welche von Vielen, weil sich die Aegypter in ältester Zeit, wie die heutigen Chinesen, von jedem Verkehr mit den Fremden,

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Die 1855 gegründete Zeitschrift „Petermanns Geographische Mitteilungen“ war die älteste deutschsprachige Fachzeitschrift für Geographie.
  2. Ramses Miamun war ein Beiname des Pharaos Ramses II.. Die ersten Kanalbauten sind jedoch bereits in der Zeit Sesostris I. (1956 bis 1910 v. Chr.) festzustellen.
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Georg Ebers: Der Canal von Suez. Aus: Nordische Revue. Band 2. Leipzig: Veit und Comp. 1864, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Nordische_Revue_Band_2_(1864)_002.jpg&oldid=- (Version vom 18.12.2016)