Ferdinand Freiligrath: Neuere politische und sociale Gedichte. Erstes Heft. Zweiter Abdruck. | |
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Könnt’ er dem Retter sein: o ich vergäb’ ihm gern! –
Doch sag’ ich wiederum: Schuldig! ist mein Erkenntniß –
Erdrückt, verdammt ihn nicht das eigene Geständniß?
Indessen die Gefahr emporwuchs um uns her,
Gerieselt kam das Blut in Strömen, in Kaskaden,
Bis zu der Häuser Stirn stiegen die Barrikaden,
Ha, wie die rothe Gluth im Kreis die Stadt umlief!
Der Tod hielt Wache rings! – Er aber schlief! – Er schlief!
Hoch der Endymion des Bürgerkriegs! Er lebe!
Ihr sagt: der Schlaf im Feld ist ja der Stolz der Helden –
Der Helden? – Sei’s! doch nie der Henker, hört’ ich melden!
Napoleon schlief sanft die Nacht vor einem Sieg –
Er hatte sich den Feind gewählt für seinen Degen –
Im Bürgerkriege nie würd’ er zur Ruh’ sich legen!
Sie schliefen, General! Ach, und wir armen Frau’n,
Wir, die das Feld nicht stählt, wir in dem blut’gen Grau’n
Wir, Feldherr, beteten; wir haben nicht geschlafen!
Ferdinand Freiligrath: Neuere politische und sociale Gedichte. Erstes Heft. Zweiter Abdruck.. Selbstverlag des Verfassers, Köln 1849, Seite 79. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Neuere_politische_und_sociale_Gedichte_Freiligrath_1849.pdf/81&oldid=- (Version vom 1.8.2018)