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Das lyrische Intermezzo wurde seitdem in einer größern Sammlung meiner Gedichte aufgenommen und gelangte zur außerordentlichsten Popularität. Der William Ratcliff wurde jedoch nur wenig bekannt; in der That, der Name seines Verlegers war Dümmler. Dieser Tragödie oder dramatisirten Ballade gewähre ich mit gutem Fug jetzt einen Platz in der Sammlung meiner Gedichte, weil sie als eine bedeutsame Urkunde zu den Prozeß-Akten meines Dichterlebens gehört. Sie resümirt nämlich meine poetische Sturm- und Drangperiode, die sich in den „jungen Leiden“ des Buchs der Lieder sehr unvollständig und dunkel kund giebt. Der junge Autor, der hier mit schwerer, unbeholfener Zunge nur träumerische Naturlaute lallt, spricht dort, im Ratcliff, eine wache, mündige Sprache und sagt unverhohlen sein letztes Wort. Dieses Wort wurde seitdem ein Losungswort, bei dessen Ruf die fahlen Gesichter des Elends wie Purpur aufflammen und die rothbäckigen Söhne des Glücks zu Kalk erbleichen. Am Herde des ehrlichen Tom im Ratcliff brodelt schon

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Heinrich Heine: Neue Gedichte. Hoffmann und Campe, Hamburg 1852, Seite VI. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Neue_Gedichte_(Heine_1852)_A_006.gif&oldid=- (Version vom 1.8.2018)