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Weh und Schmerz, so viele Angst und Gefahr sich zusammengedrängt, die Stunde der Entbindung habe ich mit deiner göttlichen Hilfe überstanden. Deine Gnade hat mich gehalten und getragen, dein Beistand mich gestützt und gekräftigt. Es ist vollbracht, ich lebe, und an meiner Seite ruhet das theuere, schmerzerworbene Geschenk, das liebe süße Kind! Allmächtiger! nur leise und schwach sind die Laute meiner Lippen, aber um so stärker spricht die Stimme meines Herzens zu dir! Vater, Dank dir, glühender Dank, für deine gnädige Führung, für alles Gute und Frohe, das ich aus deiner Hand empfangen! Eine stille, heilige Gottesfreude durchzieht mein Inneres; es füllet sich mein Herz mit froher Zuversicht auf dich, mein Gott, der du mich so gnadenvoll über die Klippen und Unebenheiten des Lebens geführt; dir vertraue ich mein Leben und meine Zukunft, dir befehle ich das Leben und die Zukunft meines Kindes! Laß nur deine Liebe nimmer von mir weichen; gib mir Weisheit und Kraft, um meine Mutterpflichten in ihrer Fülle und nach deinem Willen zu üben, daß ich meinem Kinde Alles das zukommen lassen könne, was zu seiner geistigen und körperlichen Entwickelung erforderlich ist, daß ich es mit verständigem Sinn auf die Wege des Rechtes und der Wahrheit leite, es lehre, die Tugend erkennen und lieben, und dich, Herr, verehren und anbeten, sein Leben lang. Amen.


Gebet einer Mutter, wenn ihr Kind zur Beschneidung getragen wird.

„In deinem Blute sollst du leben.”
 (Ez. 16, 6.)

Dank und Preis dir, Allgütiger! du hast mich in deiner Gnade bedacht, und mir ein männliches Kind geschenkt, das heute aufgenommen wird in den heiligen Bund unsres Glaubens. Mit freudigem Herzen weihe ich es dir, und mit Freude und heiliger Rührung gebe ich es hin, daß der beseligende Bund, den du mit unserm frommen Erzvater geschlossen, an seinem Leibe bezeichnet, mit seinem Blute besiegelt werde. Möge dir dies ein wohlgefälliges Opfer sein, möge das Blut, das heute seinem zarten Körper entfließt, und jeder Schmerzenslaut, der dabei seinem jungen

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Fanny Neuda: Stunden der Andacht. Wolf Pascheles, Prag 1858, Seite 82. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Neuda-Stunden_der_Andacht-1858.pdf/94&oldid=- (Version vom 1.8.2018)