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aufgestellt für das Oberhaupt der geistlichen Behörde und deren Fürsten, für den Hohepriester und dessen Stellvertreter, und für den König. Außerdem noch siebzig silberne Stühle für die siebzig Senatoren.

Sodann trat aus ihrer Mitte der Aelteste der Priester vor den Hohepriester hin und richtete folgende inhaltsschwere Ansprache an ihn: „Bedenke wohl, vor Wem du zu erscheinen, und Wessen Dienst du zu verrichten hast. Wenn während der erhabenen Feier die heiligen Gefühle der Andacht dich verließen, dann würdest du nicht nur dein Leben verwirken, sondern auch das Volk um seine Versöhnung bringen. Drum sind auch die Augen von ganz Israel auf dich gerichtet. Prüfe sorgfältig deinen Wandel, blicke in dein Herz, ob du von keiner Sünde dich belastet fühlst. So klein oft eine Sünde dem Menschen dünkt, so groß ist sie in Gottes Augen. Auch den Wandel deiner Brüder, der Priester, prüfe wohl, und reinige sie. Bedenke wohl, daß du hintrittst vor den allsehenden Richterblick des Königs aller Könige – wie wolltest du nun kommen mit dem Feind (der Sünde) in deinem Busen?

Darauf entgegnete der Angeredete, daß er bereits sein Herz geprüft und Buße getan wegen Alles, was ihm Sündiges schien in seinem Wandel. Auch seine Brüder, die Priester, habe er bereits in den Hallen des Heiligthums versammelt, und sie bei dem Namen Dessen beschworen, dessen Dienst sie dort versehen, daß Jeglicher reumüthig und offen bekenne, was er selber oder sein Nächster gesündigt gegen Gott, auf daß ihnen die Buße dafür auferlegt werde.

Auch der König redete sodann den Hohepriester wohlwollend an, und gab ihm die Zusicherung, ihn zu ehren, wenn er in Frieden, nach Beendigung der hohen Feier, aus dem Heiligthume heimkehren würde.

Hiernach ward öffentlich durch Herolde kund gethan, daß der Hohepriester sich anschickt, seine Gemächer im Heiligthume zu beziehen, da strömte alles Volk herbei, um dem ordnungsmäßigen Zug zu begegnen. Zuerst zogen alle die, die des königlichen Stammes waren, dann die Abkömmlinge aus dem Hause David reihenmäßig die Einen nach den Andern. Und die Herolde riefen aus: Gebt Ehre dem Königthum des Hauses David! Dann folgte der Stamm Levi, und die Herolde riefen: „Gebt Ehre dem Hause Levi! – Sechs und dreißig tausend waren ihrer, die Anführer an ihrer Spitze, trugen himmelblaue Seidenmäntel. Die

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Fanny Neuda: Stunden der Andacht. Wolf Pascheles, Prag 1858, Seite 58. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Neuda-Stunden_der_Andacht-1858.pdf/70&oldid=- (Version vom 1.8.2018)