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durch ihre Strömungen noch fernern Geschlechtern zum Segen gereicht. Der Vater hat keine solche Macht über des Kindes Herz, denn sein Beruf hält ihn oft fern vom Hause; die Sorgen des Erwerbs und Verkehrs halten zu oft seine Gedanken gefangen, auch fehlt ihm meist jene Sanftmuth, Weichheit und Milde, die nur dem weiblichen Gemüthe eigen ist, und unter deren warmen Hauch das zarte Reis so wohl gedeiht.

Doch nur ein edles Herz und ein gebildeter Geist vermag diesen heiligen Doppelberuf der Frau vollständig zu erfüllen, und es bedarf einer gar sorgsamen Anleitung und Erziehung, damit unsere Töchter einst als Priesterinnen an dem Altare ihres Hauses so beglückt und beglückend walten mögen.

Eine derartige Erziehung ist eine Aufgabe, deren Lösung viele Kenntnisse, viel Klugheit, ja sogar viel Weisheit erfordert nebst einem richtigen Takt und unermüdlicher Ausdauer. Denn wie der Sämann in die Furchen der mütterlichen Erde mannigfache Saaten und Keime legt, und ihr derart die verschiedensten Früchte entlockt, und alle ihre vielfachen Kräfte zu unserm Nutz und Frommen wirksam macht: so muß der Erzieher in den jungen Boden, dessen Pflege ihm anvertraut ist, mannigfachen Samen streuen, und alle in ihm schlummernden Kräfte zum Gedeihen bringen. Während wir die Hand in kunstreicher Führung der Nadel und in sonstiger haushälterischer und praktischer Betriebsamkeit üben, müssen wir auch auf die freie Entwicklung des Geistes wirken. Doch während wir den Zweigen der Industrie unsere Aufmerksamkeit widmen, und den Geist durch Bildung schmücken und mit Kenntnissen

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Fanny Neuda: Stunden der Andacht. Wolf Pascheles, Prag 1858, Seite 145. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Neuda-Stunden_der_Andacht-1858.pdf/157&oldid=- (Version vom 1.8.2018)