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thränenden Blicken auf ihren Sohn. Die Jugendfreunde gingen hinaus.

Der Mond warf durch die heitere Herbstnacht sein sanftes Licht, und weckte wehmüthige Gefühle in der Brust beider Freunde. Schweigend gingen sie dahin, und ihre Blicke fielen oft zugleich auf die Spielplätze, wo sie ihre Kindheit so glücklich verlebt hatten. Dann sahen sie sich an, und gingen weiter. Sie kamen vor die Stadt, und gingen noch immer fast schweigend nebeneinander, indem sie nur einzelne Worte mit langer Zwischenräumen wechselten.

Da standen sie, ehe sie es gewahrten, an der Stelle, wo der Weg zur Kapelle, und der Seitenweg zur Linde führte. Unwillkührlich faßte hier Karl Heinrichs Hand und sprach wehmüthig: Heinrich! Heinrich! wärest du mit mir diesen Weg gegangen! Da fing Heinrich mit Schluchzen an zu stottern: Karl! lieber Karl! stände ich noch einmal in den Jahren hier! Aber ich fürchte, jetzt ist es zu spät! – Nein, nicht zu spät, sprach Karl. Kehre noch um auf dem Wege, den du wandelst. Noch ist es Zeit! Er schloß ihn dabei in seine Arme. Heinrich antwortete nur mit Thränen. Was Karl ihn Ermahnendes und Tröstliches sagen konnte, sagte er ihm mit aller Wärne der jugendlichen Freundschaft. Es war ihnen beiden, als wären sie noch Kinder,

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Hermann Adam von Kamp: Natur und Menschenleben. G. D. Bädeker, Essen 1831, Seite 92. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Natur_und_Menschenleben_-_Hermann_Adam_von_Kamp.pdf/93&oldid=- (Version vom 15.9.2022)