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gehört hatte. Und als er sie noch freundlicher bat, die schöne Weise noch einmal zu singen, und ihr sogar ein reiches Geschenk versprach, wenn sie es täte, da sprach sie mit niedergeschlagenen Augen, das könne sie nicht thun, denn dieser Gesang gehöre zu ihrem Morgengebete. Den habe der Großvater sie gelehrt, und gesagt, daß man nie mit dem Gebete prunken müsse.

Das gefiel dem Reisenden, der sich Edelland nannte, ungemein wohl, und ehe er dem Mädchen sonst noch etwas sagen konnte, war sie mit einem Gruße in die Hütte geeilt.

Herr Edelland ließ sich nun von seinem Führer zu den Weiden bringen. Welch’ ein frohes Leben überraschte ihn daselbst! So weit sein Blick nur reichte, waren die Abhänge der Berge mit Heerden von Ziegen, Schafen und Kühen bedeckt. Dazwischen wandelten die Hirten umher. Aus den dichten Fichtenwäldern, die die Füße der Berge umgaben, hoben sich die Raubvögel zu den Wolken empor. Die Lieder der Sänger in den Wäldern, das Geläut der Glöckchen von den Heerden, die Töne der Schalmeien und der Gesang der Hirten, o, das klang so lieblich durcheinander! So etwas hatte der Reisende nie gehört. Und sie stiegen immer höher hinauf. Ein herrlicher Morgen! Eine

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Hermann Adam von Kamp: Natur und Menschenleben. G. D. Bädeker, Essen 1831, Seite 51. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Natur_und_Menschenleben_-_Hermann_Adam_von_Kamp.pdf/52&oldid=- (Version vom 4.8.2020)