Denkst Du daran, mein wack’rer Narrenvater,
Wie man zu Görger zog durch Nacht und Wind,
Und dieses ganze närrische Theater,
Noch in den Windeln lag, ein hülflos Kind!
Wie da der Witz, der Geist, die frohe Laune
In Jedem frisch zu regen sich begann;
Und das Getränk, das wohlbekannte, braune
Uns froh durchwärmt; denkst Du wohl daran?
Denkst Du daran, wenn wir den Salamander
Erklingen ließen und der Festgesang
Von Prinz Eugen und Vieles durcheinander,
Im frohen Chorus aus den Kehlen drang?
Wie da die Schwänke maßlos sich entluden,
Ein Heer von Witzen mächtig rückte an?
Nun steh’n sie leer, die lust’gen Faschingbuden;
Und uns blieb nur noch die Erinn’rung d’ran!
Die wackern Narr’n, die sich uns angeschlossen:
Der Sekretär, die Redner, der Kassier,
Und er vor Allen, der so unverdrossen,
Durch seine Kunst, dem Feste lieh die Zier:
Er – der so reich – in lustigen Entwürfen
Auf die Entfaltung froher Lust nur sann –
Auf Alle laßt uns diesen Becher schlürfen,
Eh’ noch des Festes letzte Spur verrann.
Der nächste Morgen scheint auf eine Stätte –
Der lustigsten Erfindung stilles Grab;
Der Ernst des Lebens treibt sich um die Wette,
Und müht sich wieder sorgend auf und ab;
Was wir stets waren, das sind wir nun wieder;
Die Last, die Plage knüpft auf’s Neu’ sich an;
Doch werft zurück, Ihr wackern Narrenbrüder!
Den Blick zum Fest – nicht wahr? Ihr denkt daran!! –
Ein durchziehender Kunsthändler hat nachstehende Meisterwerke zur Ansicht ausgestellt:
- 1) der Raub der Sabinerinnen von Michael Wohlgemuth. Der Gegenstand ist ganz zeitgemäß behandelt. Die meisten der Jungfrauen bleiben sitzen und blicken sehnsüchtig nach den Jünglingen, welche aber wenig Lust zum Rauben zeigen;
- 3) das Gastmahl Belfazars von Tischbein. Die schreibende Hand, vor welcher die Gäste erbleichen, ist die des Wirths, welche mit doppelter Kreide schreibt.
Wir haben dekretirt und dekretiren wie folgt:
Mit dem morgigen Tage steigt die Dynastie Narrheit vom Throne und überläßt es den Klug-, Dumm- und andern heiten und keiten, die Welt nach dem alten Schlendrian zu regieren. Guten Appetit!
Der Narrenschreiber.
Wir haben dekretirt und dekretiren wie folgt:
Wer niemals einen Rausch gehabt, der ist kein braver Mann.
Der Narrenschreiber.
Wir haben dekretirt und dekretiren wie folgt:
Das Departement der närrischen Angelegenheiten sieht stündlich seiner Auflösung entgegen.
Aus unserm geheimen Rathe. Fasching-Dienstag, Nachts 11 Uhr.
Der Narrenschreiber.
: Geöffnetes Narren-Turney. Verlag, Druck und Lithographie von F. Gutsch & Rupp, Karlsruhe 1843, Seite 17. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Narren-Turney_(1843).pdf/17&oldid=- (Version vom 1.8.2018)