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Eduard Mörike: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen

schauten natürlich groß auf, als das Pärchen in seiner fremdartigen Tracht außer Athem zur Stube hereintrat. Wir trugen unser Unglück vor, und derweil nun der Mann sich gemächlich anzog, standen wir Weibern und Kindern zur Schau, die uns durch übermäßiges Lamentiren über den Zustand unserer kostbaren Kleidung das Herz nur immer schwerer machten. Jetzt endlich wurde die Laterne angezündet, ein Knecht trug sie, und so ging man zu Vieren nach dem unglücklichen Platz, wo wir das arme Thier noch in derselben Stellung fanden. Doch auf den ersten Ruck und Streich von einer Männerhand sprang es behend auf seine Füße, und der Meier in seinem mürrischen Ton versicherte sofort, der dummen Kröte fehle auch kein Haar. Ich hätte in der Freude meines Herzens gleich vor dem Menschen auf die Kniee fallen mögen: statt dessen fiel mir Lucie um den Hals, mehr ausgelassen als gerührt und zärtlich allerdings, doch wohler hatte mir im Leben nichts Aehnliches gethan.

Nach einer Viertelstunde kamen wir, unter Begleitung des Mannes, nach Hause. Die Eltern, welche beiderseits in der tödtlichsten Angst nach uns ausgeschickt hatten, dankten nur Gott, daß wir mit unzerbrochenen Gliedern davon gekommen waren.

Am andern Tag verließ die Herzogin die Stadt.

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Eduard Mörike: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen. G. J. Göschen, Stuttgart 1878, Seite 297. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Moerike_Schriften_2_(1878)_297.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)