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Eduard Mörike: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen

auf einander folgenden Bäumen, der Gedanke, daß man, dem tollen Muthe dieser Bestie unwiderstehlich preisgegeben, mit jedem Augenblicke weiter von Stadt und Menschen fortgerissen werde, war schrecklich über alle Vorstellung!

Auf einmal zeigte sich von fern ein Licht – es war, wie ich richtig muthmaßte, in der Hof-Meierei – wir kamen ihm näher und riefen um Hülfe, was nur aus unsern Kehlen wollte – da prallte das Pferd vor der weißen Gestalt eines kleinen Obelisken zurück und schlug einen Seitenweg ein, wo es aber sehr bald bei einer Planke ohnmächtig auf die Vorderfüße niederstürzte und zugleich uns Beide nicht unglücklich abwarf.

Nun zwar für unsere Person gerettet, befanden wir uns schon in einer neuen großen Noth. Das Pferd lag wie am Tode keuchend, und war mit allen guten Worten nicht zum Aufstehn zu bewegen; es schien an dem, daß es vor unsern Augen hier verenden würde. Ich gebärdete mich wie unsinnig darüber; meine Freundin jedoch, gescheidter als ich, verwies mir ein so kindisches Betragen, ergriff den Zaum, schlang ihn um die Planke und zog mich mit sich fort, jenem tröstlichen Lichtschein entgegen, um Jemand herzuholen. Bald hatten wir die Meierei erreicht. Die Leute, soeben bei’m Essen versammelt,

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Eduard Mörike: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen. G. J. Göschen, Stuttgart 1878, Seite 296. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Moerike_Schriften_2_(1878)_296.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)