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Eduard Mörike: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen

Dahin beschloß Eldad sie bringen zu lassen; denn Beide hatten sich immer gehaßt. Als ihr nun das verrathen ward, obwohl es annoch geheim bleiben sollte, sprach sie sogleich zu ihren Frauen: nicht Anderes hat er im Sinn, denn daß ich dort umkomme. Ihr werdet Naïra nicht sehen von dieser Insel wiederkehren.

Fortan hielt sie sich still und trachtete auf keine Weise dem zu entgehn, das ihrer wartete. Sie machte sich vielmehr bereit zur Reise auf den andern Morgen. Denn schon war bestellt, daß ein Fahrzeug drei Stunden vor Tag sie an der hintern Pforte des Palasts empfange.

Und als sie in der Frühe völlig fertig war und angethan mit einem langen Schleier, und schaute durch’s Fenster herab in die Gärten, da der Mond hell hinein schien, sprach sie auf einmal zu den Frauen: hört, was ich jetzo dachte, indem ich also stand und mir mein ganz Elend vor Augen war. Ich sagte bei mir selbst: du möchtest dieß ja wohl erdulden Alles, die Schmach, den Bann und den Tod, wenn du nicht müßtest mit dir nehmen das böse Mal an deiner Hand; denn es grauete mir vor mir selbst. In meinem Herzen sprach es da: Wenn du die Hand eintauchtest in Jezerte’s Quell bei’m Tempel, mit Bitten, daß sie dir vergebe, da wärest du rein. –

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Eduard Mörike: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen. G. J. Göschen, Stuttgart 1878, Seite 276. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Moerike_Schriften_2_(1878)_276.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)