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Eduard Mörike: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen

Veilchen; als hätte Jezerte’s Hand von jenem Gartenbeet allen Wohlgeruch an sich genommen und jetzo von sich gelassen mit Eins. Da wußte Athmas gewiß, sie sei ohne Tadel, wie er und Jedermann sie immerdar gehalten; sprang auf, benetzte ihre Hand mit Thränen und dankte seinem Gott. Zugleich gelobte er ein großes Opfer, und ein zweites mit reichen Gaben an das arme Volk, wenn ihm der Thäter geoffenbart würde.

Und sieh, den andern Morgen erschien Naïra zur gewohnten Stunde nicht in des Königs Gemächern, und ließ ihm sagen, sie sei krank, er möge auch nicht kommen, sie zu besuchen. Sie lag im Bette, weinte sehr vor ihren Frauen und tobte, stieß Verwünschungen aus und sagte nicht, was mit ihr sei; auch schickte sie den Arzt mit Zorn von sich.

Da sie nach einer Weile stiller geworden, rief sie herzu ihre Vertrauteste und wies ihr dar ihre rechte Hand, die war ganz schwarz, wie schwarzes Leder, bis an das Gelenk. Und sprach mit Lachen zu der ganz entsetzten Frau: dießmal wenn du nicht weißt zu schmeicheln und ein Bedenken hast, zu sagen, sie ist viel weißer als das Elfenbein, und zärter als ein Lotosblatt, will ich dir nicht feind sein! – Dann weinte sie von Neuem, besann sich und sagte mit Hast: nimm allen meinen Schmuck, Kleider und Gold zusammen,

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Eduard Mörike: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen. G. J. Göschen, Stuttgart 1878, Seite 274. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Moerike_Schriften_2_(1878)_274.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)