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Eduard Mörike: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen

Fußstapfen verfolgt. – Darauf ward der Jüngling ergriffen und in das Gefängniß geworfen.

Naïra mittlerweile bangte nicht, denn sie war keck und sehr verschlagen. Berief in der Stille Maani zu sich, Jedanja’s Bruder, und sagte: mich jammert dein Bruder, ich möchte ihm wohl heraushelfen, wenn er den Muth hätte, zu thun wie ich ihn heiße, und du mir eine Botschaft an ihn brächtest.

Maani sprach: befiehl und nimm mein eigen Leben, daß ich nur den Knaben errette!

Da hieß Naïra ihn schnell einen Pfeil herbei holen. Sie aber nahm einen Griffel und schrieb der Länge nach auf den Schaft diese Worte:

Verlange vor den König und sprich: Jedanja liebte Jezerten und war von ihr geliebt, und hängt sein Herz noch an der Todten, also daß er im blinden Wahn die Uebelthat verübte. So spreche mein Freund und fürchte nicht, daß ihn das Wort verderbe. Die dieses räth, wird Alles gut machen.

Nachdem sie es geschrieben, sagte sie: nimm hin und schieße diesen Pfeil zu Nacht durch’s Gitter, wo dein Bruder liegt im Thurm.

Manni ging und richtete es kühnlich aus.

Den andern Tag rief Athmas den Gefangenen vor sich und redete zu ihm: Du hast das nicht von selbst gethan. So bekenne denn, wer dich gedungen!

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Eduard Mörike: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen. G. J. Göschen, Stuttgart 1878, Seite 270. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Moerike_Schriften_2_(1878)_270.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)