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Eduard Mörike: Das Stuttgarter Hutzelmännlein. Aus: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen

Frau Betha wußte ferner viel lehrreicher Fabeln und Denkreime, auch spitzweise38 Fragen und Räthsel; die gab sie nach einander im Vorsitz aufzurathen, weil sonderlich die Wasserfrau von Hause aus dergleichen liebte und immer gar zufrieden schien, wenn sie es ein und das andremal traf (das doch nicht allzu leicht gerieth). Eines derselben gefiel ihr vor allen, und was damit gemeint ist nannte sie ohne Besinnen:

Ich bin eine dürre Königin,
Trag’ auf dem Haupt eine zierliche Kron,
Und die mir dienen mit treuem Sinn,
Die haben großen Lohn.

Meine Frauen müssen mich schön frisir’n,
Erzählen mir Märlein ohne Zahl,
Sie lassen kein einzig Haar an mir,
Doch siehst du mich nimmer kahl.

Spazieren fahr’ ich frank und frei,
Das geht so rasch, das geht so fein;
Nur komm ich nicht vom Platz dabei –
Sagt, Leute, was mag das sein?

Darüber sagte sie, in etwas fröhlicher denn zuvor: wenn ich dereinstens wiederum in meiner Heimath bin, und kommt einmal ein schwäbisch Landeskind, zumal aus Eurer Stadt, auf einer Kriegsfahrt oder sonst durch der Walachen Land an unsere Gestade, so ruf’ er mich bei Namen, dort wo der Strom

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Mörike: Das Stuttgarter Hutzelmännlein. Aus: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen. Stuttgart: G. J. Göschen. 1878, Seite 140. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Moerike_Schriften_2_(1878)_140.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)