Seite:Moerike Schriften 2 (1878) 134.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Eduard Mörike: Das Stuttgarter Hutzelmännlein. Aus: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen

Kannen und Gläser, alle gleich gestürzt, mit hängendem Deckel, dazu den kupfernen Schwenkkessel sammt der Bürste, und mitten in der Stube an der Decke der Weber Zunftgeschmuck, mit Seidenband und Silberdraht geziert, in dem Kästlein von Glas. Von ungefähr erblickte sie ihr eigen Bild im Spiegel, davor blieb sie betroffen und erstockt eine ganze Weile stehn, und als darauf die Söhnerin sie mit in ihre Stube nahm und ihr ein neues Spiegelein, drei Groschen werth, verehrte, da meinte sie Wunders zu haben, denn unter allen ihren Schätzen fand sich dergleichen nicht.

Bevor sie aber Abschied nahm geschah’s, daß sie hinter den Vorhang des Alkoven schaute, woselbst der jungen Frau und ihres Mannes Bett, so wie der Kinder Schlafstätte war. Saß da ein Enkelein mit rothgeschlafenen Backen, hemdig, und einen Apfel in der Hand, auf einem runden Stühlchen von guter Ulmer Hafnerarbeit, grünverglaset. Das wollte dem Gast außer Maßen gefallen; sie nannte es einen viel zierlichen Sitz, rümpft’ aber die Nase mit Eins, und da die drei Frauen sich wandten zu lachen, vermerkte sie etwas und fing auch hell zu lachen an, und hielt sich die ehrliche Wirthin den Bauch, indem sie sprach: dießmal fürwahr hat es gegolten, und Gott schenk’ Euch einen so frischen Buben als mein Hans da ist!

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Mörike: Das Stuttgarter Hutzelmännlein. Aus: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen. Stuttgart: G. J. Göschen. 1878, Seite 134. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Moerike_Schriften_2_(1878)_134.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)