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Tag so grausam Komödie mit mir zu spielen? – „So? meint der Herr,“ entgegnete sie, „man hätte nicht auch Lust gehabt, ihm etwas auf den Zahn zu fühlen? Im Ganzen habe ich mir freilich all’ die Jahre her nie eigentliche Sorgen wegen deiner gemacht. Besonders hielt ich mich an das, was wir gelegentlich durch Reisende erfuhren. So kam einmal der Vetter, als eben Kirmeß war zu Jünneda, mit einem lustigen Messerschmied an Einen Tisch im Rößlein zu sitzen, der war nicht weit von hier zu Haus, kam erst von Achfurth her und wußte gar Manches von dir; darunter war mir denn das Wichtigste und Angenehmste, daß sie dich dort den kalten Michel hießen. Die Base wollte dieß nicht eben tröstlich für mich finden, ich aber sagte gleich, bei mir wird er schon aufthauen. Nun mußt du aber wissen, Freund, ausdrücklich hatte Frau Sophie mir gesagt, du müßtest mich bei unserm Wiedersehn von selbst erkennen: dieß sei die erste Probe, wie tief dir Aennchen noch im Herzen sitze. Und daß ich’s nur gestehe, mir wollte schon anfangen bange werden, weil du so gar vernagelt warst; ja meinen Ohren traute ich kaum, als mir der Mensch anfing, von seinen Liebschaften da vorzuprahlen! Sieh, hätt’ ich mir nicht alle diese Faxen so ziemlich zurecht legen können, es wär’ ja wahrhaftig mein Tod gewesen! Etwas

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Eduard Mörike: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen. G. J. Göschen, Stuttgart 1878, Seite 102. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Moerike_Schriften_2_(1878)_102.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)