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sie hörte an bestimmten Tagen den Verwalter an, durchsah als eine gute Rechnerin die Bücher mit der Feder in der Hand, ermahnte die Dienstboten und übte mitunter auch wohl ein klein wenig die Kunst, unterrichtet zu scheinen, wo sie es nicht war. Jedoch verstand es sich bei männiglich von selbst, daß Alles in der Wirthschaft hätte drunter und drüber gehn müssen ohne die Einsicht und Treue eines Verwalters, der wirklich seines Gleichen suchte. Der gute Mann nahm aber unvermuthet seinen Abschied, die Güter wurden verpachtet, und die edle Matrone, den Bitten ihres Bruders jetzt nicht länger widerstrebend, entsagte diesem Aufenthalt und ließ es sich gefallen, den späten Abend ihres Lebens im Schoose der Familie zuzubringen.

Dieß wäre nun Alles, was ich zu Gunsten der Wahrhaftigkeit des Herrn Erzählers vorzubringen hatte.“

Nachdem sich die Versammlung für diese interessanten Nachrichten auf’s Schönste bedankt, sprach unser Hofrath weiter: Ich werde mich nunmehr zum Schluß so kurz als möglich fassen.

Josephens Confirmation war in der Dorfkirche vollzogen worden. Die Nachfeier des Tages aber fand in aller Stille auf dem Schlößchen statt. Am Abend nahm Sophie das Mädchen bei der Hand und

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Eduard Mörike: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen. G. J. Göschen, Stuttgart 1878, Seite 99. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Moerike_Schriften_2_(1878)_099.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)