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laut auf, die Kette mußte abgerissen sein, so heftig schnellte es, und dabei, sag’ ich Euch, folgte ein Seufzer so tief aus einer hohlen Brust, so lang gezogen und schmerzlich, daß wir im Innersten zusammenschracken. In diesem Augenblick war aber auch Gestalt und Kahn, Alles wie weggeblasen.

Und – ja, daß ich das auch noch sage – verzeih’ mir Gott, noch muß ich lachen, wenn ich daran denke. Wir Weiber gingen mäuschenstill an unsere Kessel und Zuber zurück, und rieben und seiften drauf los und traute sich keine ein Wörtlein zu reden; auch dem Herrn Vetter, merkt’ ich wohl, war der Schlaf für heute vergangen: er ließ sein Licht fortbrennen und ging allein die Stube auf und nieder. Kaum guckt der Tag ein wenig in die Scheiben, so sticht der Muthwill schon eine von uns an, nämlich ein junges Weib vom Dorf, man nannte sie nur die lachende Ev. Die zieht so ein langes gewundenes Leintuch ganz sachte sachte aus dem Seifenwasser, Frau Irmel nachzuäffen, und macht ein paar Augen gegen uns – husch! hat sie eine Ohrfeige.“

„Eine Ohrfeige? was?“

„Ja denkt! aber nicht vom Geist. Es war mein Herr Vetter, der zufällig hinter ihr stand und ihren Frevel so von Rechtswegen bestrafte.“

Josephe lachte so herzlich, daß ich selber den Mund

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Eduard Mörike: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen. G. J. Göschen, Stuttgart 1878, Seite 45. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Moerike_Schriften_2_(1878)_045.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)