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der Conservator des physikalischen Kabinets in demselben ein Dienstlogis und 2 Jahre später auch der Lyceumsdirector nebst 2 Lyceumslehrern, bis 1816 der östliche Theil des mittleren Stockwerkes aus einer Lehrerwohnung zuerst theils in Schulzimmer, theils in Räume zur Aufbewahrung von Schulrequisiten verwandelt und später gleichfalls physikalischen Zwecken zugewiesen wurde. Zu den 2 im südlichen Flügel übrig gebliebenen Lyceumswohnungen, welche noch heute durch 2 Lyceumslehrer inne gehabt werden, kamen 1824 zwei weitere im 3. Stockwerke des nördlichen Flügels, so daß von da an der Director und 3 Lehrer, wie 1724, im Schulgebäude wohnen. Jedem werden dafür 200 fl. an seiner Besoldung abgezogen. – Daß aber die Maßregel, einen Theil der Lehrer in dem Schullokale wohnen zu lassen, eine ganz zweckgemäße sei, haben sachverständige Obere immer anerkannt. Ihre Gründe sind oben S. 162 angegeben.

Kleine Geschenke von Schülern anzunehmen, war den Lehrern in der Durlacher Periode erlaubt und blieb es auch in Karlsruhe; sie fanden immer nur in den untersten und mittleren Klassen statt. Erst 1853 wurde es den Lehrern aller badischen Schulen untersagt und 4 Jahre später sogar das weitere Verbot hinzugefügt, ein Gesuch um Bewilligung eines ihnen zugedachten Ehrengeschenkes einzureichen[1].


  1. Schließlich noch difficiles nugae. Der Titel der Lehrer in den obern Jahreskursen war Professor und wurde auch solchen verwilligt, welche dort nur einige Lectionen ertheilten, ihr Hauptgeschäft aber in einer der Klassen hatten. In diesen war die gebräuchliche Lehrerbenennung Präceptor. Ehe Einer wirklicher Präceptor wurde, hieß der Literat „Präceptoratsvicarius“ und der Volksschullehrer führte den officiellen Titel „Collaborator“. Dieser Ausdruck erhielt sich ohne Beifall bis in die 2 ersten Decennien des 19. Jahrhunderts. Wenn der Literat eine Zeit lang Präceptor gewesen war, wurde er (so war die Praxis wenigstens in den 1770er und 1780er Jahren) zuweilen erst Professor extraordinarius, dann ordinarius. Damals kamen auch die noch weiteren Lehrertitel auf: Rath, Hofrath, Kirchenrath oder sogar Geheimer Hofrath (zuerst der ältere Böckmann) und Geheimer Kirchenrath (blos der Rector August Gottlob Titel 1798; früher hatte noch nie ein Badener diesen [317] Titel erhalten). – Warum die Gymnasiumsverrechnung ihnen und ihren Nachfolgern die dem Gymnasium 1756 zugewiesene Taxe für jede Ertheilung einer leeren Titulatur (vergl. oben S. 131) nicht abgefordert habe, weiß ich nicht; wohl aber, daß die Taxe nicht vereinnahmt in den Rechnungen steht. – Als 1808 Präceptor Ruf, welcher zu den Volksschullehrern gehörte, durch wiederholte Bitten den „Rathscharakter“ erwirkte und als gleich darauf die vernünftige Verordnung vom 5. Juli 1808 erschien, wornach „kein Diener einen andern Titel führen darf als den, welcher deutlich und maßgebend mit seiner Function übereinstimmt“; so äußerte der 3 Jahre zuvor mit dem unerbetenen Titel Kirchenrath versehen Hebel: Meinem Kollegen geht es noch schlimmer als mir, da er so übertrieben rasch nimmer ist, was er ist. – Minder bescheiden als Hebel war 25 Jahre früher ein älterer Lehrer, der Verfasser einer bekannten Literaturgeschichte, über welchen ich aus Hebel’s Mund Folgendes erzähten hörte. Der Illiterat B., Präceptor der jetzigen Prima und Amtsvorgänger des Präceptors Ruf, klagte mündlich dem Rector Sachs, er habe heute früh bei dem Eintritt in das Gymnasialgebäude den Herrn Kirchenrath B. gegrüßt: Guten Morgen, Herr Kollege, und die Antwort erhalten: Guten Morgen, aber von unserer Kollegenschaft weiß ich Nichts; darum wolle er, der Präceptor, bei dem Hochfürstlichen Rectorate gehorsamst anfragen, ob der anmaßende Mann sein Kollege nicht sei. – Allerdings, erwiederte Sachs.