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die Errichtung eines katholischen Lyceums zu Karlsruhe neben dem evangelischen, aus evangelischen Kirchenmitteln fundirten lebhaft verlangt wurde; erinnerten mildere Stimmen nicht blos an die verhältnißmäßig geringe Bevölkerung der Stadt, sondern auch daran, mit wie segensreichem Erfolge umgekehrt 38 Jahre zuvor die getrennt gewesenen katholischen und evangelischen Gymnasien zu Mannheim und ebenso die zu Heidelberg mit einander vereinigt worden seien; und selbst bei dem Hauptanstoße, dem Vortrag der Geschichte, könne der Geschichtslehrer alle kirchenhistorischen Momente auf die Religionsstunden zur vollständigen Erläuterung oder etwa nöthigen Berichtigung verweisen. Möge auch die Zukunft der Kalamität einer confessionellen Trennung des geschichtlichen Unterrichts keinen Weg in unsere Anstalt eröffnen!

Was die Israeliten betrifft, deren es hier schon zur Zeit der Stadtgründung viele gab, so haben wir sie doch erst seit 1769 unter unseren Gymnasiasten, bald darauf ihrer 10 in der Realklasse gefunden, welche 1774 gleich mit der Ankündigung eröffnet worden war, daß auch Juden nicht ausgeschlossen seien. (Vergl. oben, Seite 143.) Noch im Jahr 1811 hatten wir blos 11 Zöglinge dieses Bekenntnisses unter 339 Schülern des Lyceums; 1858 aber 40 unter 575, doch schon geraume Zeit fast keine mehr in oberen Klassen, da in unserer Heimath Ueberfluß an Juristen und Medicinern herrscht. Nicht wenige Israeliten gehörten übrigens sehr oft zu unseren fleißigsten und begabtesten Schülern, und ich erinnere mich einer Aeußerung, die ich vor etwa 30 Jahren aus dem Munde eines Vorstandes der hiesigen israelitischen Gemeinde vernahm: Daß wir Juden sind, bekommen wir gar oft zu fühlen; aber im Lyceum nicht. – Uebrigens haben diese Schüler bei der Lyceumsdirection zwar nachzuweisen, ob sie Religionsunterricht entweder in der israelitischen Stadtschule oder bei einem dazu berechtigten Privatlehrer genießen; aber für ihren gemeinschaftlichen, einheitlichen und stufenweise geordneten Religionsunterricht im Lyceum ist noch nicht gesorgt.