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Unterricht in Religion, Geographie, Geschichte und auch in lateinischen Autoren bei denjenigen Gymnasialklassen, die ihrem Alter entsprachen, und diese waren hauptsächlich unsere jetzige Secunda, Tertia und Unterquarta; aber eigene Lehrstunden erhielten sie für Rechnen, zumal kaufmännisches, für Geometrie, Mechanik, Naturkunde, Kalligraphie, Orthographie, Briefschreiben, Buchhaltung und Französisch. – Schulgeld hatten sie nicht zu zahlen. Zu Prämien warf ihnen der Markgraf jährlich 16 Gulden aus. Bemerkenswerth scheint, daß diese Realschule unter den Bildungsanstalten des Landes diejenige war, welche am frühesten und gleich in ihren anfänglichen Statuten auch israelitische Schüler ausdrücklich zuließ. Das Gymnasium selbst hatte zwar schon 5 Jahre früher angefangen, einzelne Israeliten aufzunehmen, bedurfte aber dazu in jener Zeit noch der speciellen Erlaubniß von Seiten des Consistoriums[1]. Damit will ich aber nicht sagen, daß vor 1769 ein Israelite sich vergebens um Aufnahme in das Gymnasium beworben habe, auch nicht, daß bald nachher die Zahl der dort Aufgenommenen bemerkenswerth geworden sei. Mosaische Gymnasiasten blieben im ganzen 18. Jahrhundert noch immer eine Seltenheit und selbst in die Realschule meldeten sich so Wenige, daß die Regierung es in einer öffentlichen Bekanntmachung 1783 mißfällig bemerkte. Zwei Jahre später erst traten 10 ein.

Aus dem bisher Erzählten erklärt es sich, warum in dieser Zeit mehr Privatpersonen als sonst zu neuen Stiftungen für das Gymnasium sich ermuntert fühlten. Ein zu Karlsruhe wohnender Kaufmann, katholischer Konfession, Johann Christoph Primavesi, schenkte 1764 unserer Anstalt den dritten Theil seines 2 Morgen großen Gartens, das heißt, den Raum, welcher von der Südseite der Gymnasiumsgärten[2] bis dicht an den Landgraben,


  1. Im Januar 1769 wurden Ephraim Ben Hirschel aus Gießen und Maier Hirsch Salomo aus Karlsruhe, Beide, um sich zum Studium der Medicin vorzubereiten, in das Gymnasium aufgenommen.
  2. Noch genauer: Er erstreckte sich von der Linie an, die durch die Nordwand unseres jetzigen Bibliothekzimmers und der obersten Vorschule [144] gebildet wird, südwärts bis an den Landgraben. – Der reformirten Kirchgemeinde schenkte Primavesi in gleicher Zeit die 2 östlichen Drittel seines Gartens, d. h. den Raum, wo wir jetzt die Kirchgasse, das Postgebäude nebst andern Häusern und den zwischen der Zähringerstraße und dem Landgraben befindlichen Theil der Kreuzstraße sehen. – Den hier fraglichen Garten, welcher östlich von dem allgemeinen (d. h. für Lutheraner und Katholiken bestimmten) Kirchhofe (dem jetzigen Marktplatze) lag, hatte bald nach der Gründung von Karlsruhe ein Italiener, Paolo Castello, angelegt und nach dessen Tod 1739 sein Vetter, Pietro Scotto, geerbt. (Gen.-Landesarchiv, Fasc. Karlsruhe, Schulgebäude 1721–43.)