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hatten, um 1689, als das Gymnasium ohne Hoffnung auf Wiederherstellung in Trümmern lag, an verschiedene Universitäten berufen zu werden. Arm geworden durch jene vandalische Zerstörung, verließen sie den Dienst in unserer Heimath mit landesherrlicher Genehmigung. – Obgleich aber endlich 1703 wieder ein Anfang gemacht wurde, auch die theologische Bildungsanstalt in einiges Leben zurückzubringen, so gelangte sie doch nie mehr zu dem früheren Umfange; daran war der noch elf Jahre lang dauernde spanische Successionskrieg und gleich nach dessen Beendigung die Erbauung der neuen Residenz Karlsruhe Schuld. Seit 1689 weiß ich keine Beispiele mehr, daß das theologische Studium in Durlach und seit 1724 in Karlsruhe absolvirt worden wäre. Doch einzelne theologische Vorlesungen wurden auch in Karlsruhe bis 1803 gehalten, wo sie aufhörten, als Heidelberg an Baden fiel.

Was übrigens die Vortheile betrifft, die man durch Gründung und Erhaltung der theologischen Bildungsanstalt zu erreichen suchte, so glaubte man, den Lehrern derselben sei bei dem mäßigen Umfange des Landes die Lösung ihrer wichtigen Aufgabe viel leichter möglich, als den theologischen Professoren einer auswärtigen Universität, vor deren Katheder eine weit größere, bunt zusammen gesetzte und fremde Menge sich einzufinden pflege. Der Lehrer an Ort und Stelle kenne genau das gleichförmige Vorbildungsmaß, das seine Zöglinge aus der Schule mitbringen, und habe Gelegenheit, dafür zu sorgen, daß man, wo irgend ein Mangel an dieser Vorbildung bemerklich werde, ihm für die Zukunft abhelfe. Er wisse aus dem häufigen Verkehre mit Gymnasiallehrern oder doch aus den halbjährlichen Prüfungen, wie ausgedehnt die Kenntniß der heiligen Schrift durch tägliche Beschäftigung der Schüler mit ihr, wie genau gelernt das Griechische des Neuen Testaments werde und wie weit der Grad ihrer philosophischen und rhetorischen und ihrer hebräischen Sprachstudien[1] reiche. Die Lehrer seien ferner auch mit dem Charakter


  1. So weit meine Quellen reichen, umfaßte der hebräische Unterricht [84] auf dem Durlacher Gymnasium gewöhnlich nur die Genesis und die Psalmen, selten einige Propheten. Zwar der Seite 68 citirte Redactus vom Jahre 1687, bei welchem auch hebräische, chaldäische, syrische, arabische und äthiopische Vorträge durch Zöglinge gehalten wurden, könnte sehr umfassende orientalische Sprachstudien voraussetzen lassen, sieht aber mit diesem Prunken verdächtig aus. – Hebräische Reden von Zöglingen kommen übrigens auch in mir bekannt gewordenen Programmen von 1670 und aus dem 18. Jahrhundert z. B. 1756 und 1760 vor. – Die von Johann Heinrich May, den wir vor der Zerstörung von 1689 als Professor Or. an dem Gymnasium fanden, verfaßte Institutio linguae hebraicae war noch 1710 in der Anstalt eingeführt. Der Unterricht in dieser Sprache stand, wie noch jetzt, in dem Schematismus der vier obersten Jahreskurse und nicht mit einer größeren Zahl wöchentlicher Stunden als heut zu Tage, das heißt gleichfalls blos mit zwei.