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war, denn von Jedem, der auf Vorrücken Anspruch machte, erwartete die Oberbehörde eine Theilnahme an dieser oft vorkommenden rhetorischen Thätigkeit[1]. Auf ihn folgten sodann einige Zöglinge, die, von einem etwas tiefer stehenden Platze aus, lateinische, zuweilen auch griechische und andere Reden hielten. Musik, wie immer ausschließlich durch die Zöglinge aufgeführt, beschloß die Feier. – Ebenso gab sich in den jährlich zweimal, nach dem Ende der öffentlichen Oster- und Herbstprüfung, vorkommenden Schlußakten, welche jederzeit mit einer Rede des Rectors eröffnet wurden, eine Gelegenheit für die Zöglinge, ihre rhetorischen Fortschritte zu beweisen, und hier waren es alle Abiturienten oder, wie sie damals hießen, Valedicenten, falls sie dieser Verbindlichkeit nicht schon durch eine öffentliche Disputation Genüge geleistet hatten. – Daß man auch durch Aufführung von lateinischen Schauspielen in älteren und jüngeren Schülern zugleich die Befangenheit und die Scheu vor dem öffentlichen Auftreten bewältigte, ist schon Seite 61 erwähnt.

§. 21. Fragen wir nach dem Unterricht in neueren Sprachen, namentlich in der deutschen Muttersprache, während die lateinische Beredsamkeit so sorgfältige Pflege fand; so fällt uns schon hier eine der Schattenseiten auf, die dem Lehrgange Sturm’s seit dem 18. Jahrhundert vorgeworfen wurden. Sturm selbst schrieb und sprach das Lateinische mit Anmnth und Würde; sein Deutsch ist schwerfällig zu lesen. Er selbst versah zwar eine der frühesten deutschen Grammatiken[2] mit einer Vorrede; er überließ es aber dem Uebersetzen aus dem Lateinischen, den Schüler gelegenheitlieh an einen erträglichen deutschen Ausdruck


  1. Fecht’s Manuscript von 1689, §. 20, rühmt die Zweckmäßigkeit dieser Einrichtung sehr. „Aus diesen orationibus (aller Professoren und Präceptoren) konnte man bald sehen, wie viel es geschlagen.“ – Doch noch mehr erhellte es aus der disputatio solennis ohne welche kein Lehrer eine Professur erhalten konnte.
  2. Oelinger’s Underricht der hochdeutschen Sprach. Straßburg 1574. (Vergl. Carl Schmidt a. a. Ort S. 284.)