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sich auch in der Musika zum Behuf des Gottesdienstes fleißig zu exerciren, es wäre denn, daß er von Natur einer dazu tauglichen Stimme ermangle.“ – Den vierstimmigen Chorgesang in der Schloßkirche besorgte bis gegen Ende des 17. Jahrhunderts der Cantor Gymnasii mit den besten Sängern seiner Schüler und sein Amt war nicht etwa an eine der untersten Lehrstellen geknüpft, sondern wurde je nach Vorzüglichkeit in der Tonkunst auch Einem der oberen Klassenlehrer übertragen. Der damit Betraute hatte die Gymnasiasten auch in der Instrumentalmusik zu unterweisen[1] und zwar täglich in der Stunde von 12 bis 1 Uhr, da die Mittagsmahlzeit damals um 11 Uhr üblich war. Die Gesammtübungen hatte er an jedem Mittwoch und Samstag Mittag in Gegenwart aller Lehrer anzustellen, dabei die für den nächst folgenden öffentlichen Gottesdienst nöthigen Stücke zur Fertigkeit zu bringen. Wie er die im Gymnasium stehende treffliche Orgel spielte, so nahmen seine Zöglinge die „Violinen, Violen, Fagote, Zinken, Posaunen“[2] und andere Instrumente zur Hand, welche in beträchtlicher Zahl nebst der musikalischen Bibliothek in einem eigenen Zimmer neben der Prima aufbewahrt wurden. Obwohl aber die Schule ihre besten musikalischen Kräfte zu dem Schloßgottesdienste zu verwenden hatte, so setzten doch die übrigen Gymnasiallehrer und Schüler ihre Ehre darein, den Gottesdienst der Pfarr- oder ersten Stadtkirche in dieser Beziehung dem der Schloßkirche gleich zu bringen und ihrem Wetteifer gelang es sogar, denselben zu übertreffen.[3] Für den Gesang in der zweiten, bei dem Spitale gelegenen Stadtkirche


  1. Anonymus von 1689; bei Eisenlohr S. 675.
  2. Derselbe Anonymus. – Im Jahre 1699 machte der damals zum Protector des Durlacher Gymnasiums ernannte Michael Bulyowsky in einer Druckschrift bekannt sein von ihm „Neu erfundenes vollkommenes fünffaches C1avier.“ Auch schon 1680 und später 1711 sind von diesem gelehrten Kenner der Musik Schriften ähnlichen Inhaltes zur Verbesserung der Orgel erschienen.
  3. Fecht’s Manuscript von 1689 §. 55.
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Mittelschule Durlach (Vierordt): Geschichte der im Jahre 1586 zu Durlach eröffneten und 1724 nach Karlsruhe verpflanzten Mittelschule. Karlsruhe: , 1859, Seite 55. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Mittelschule_Durlach_(Vierordt)_055.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)