Seite:Mittelschule Durlach (Vierordt) 040.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

trat im Januar 1715 sein Amt zu Durlach an. Unbekannt mit den Verordnungen und Gewohnheiten des Landes, sogar ohne weitere Kenntniß des Schulwesens außer derjenigen Kenntniß, die er seit seiner eigenen Schülerzeit noch im Gedächtnisse trug, behandelte er die älteren Knaben und die Jünglinge der zwei obersten Jahreskurse wie vornehme Männer, dictirte seine Hefte in bequem akademischer Weise, obwohl alles Dictiren in höheren Klassen bisher verboten war[1], übersah Schulversäumnisse, ließ überhaupt die Disciplin sinken. Mit ihr sank zugleich das Vertrauen in die kaum wieder erweckte Schule und die allmählich gestiegene Frequenz begann wieder abzunehmen. – Aber zwei andere sehr schwere Gründe, warum die Schule zurückging, lagen in dem tadelnswerthen, oft häßlichen Kampfe, welchen der gekränkte Malsch gegen den in vieler Beziehung achtbaren Boye erhob, und in der finanziellen Verkümmerung des Gymnasiums. Einerseits unterließ man es, das nur zum provisorischen Gebrauch bestimmte Privathaus, in welchem zu Durlach Schule gehalten wurde, zu erweitern, so daß die zwei untersten Klassen in demselben Zimmer bei einander bleiben, die zwei obersten Jahreskurse in den Privatwohnungen ihrer Lehrer unterrichtet, die Prüfungen nebst den oratorischen Feierlichkeiten in der minder kleinsten der Schulstuben gehalten werden mußten. Andererseits ließ man schon 1714, als der Lehrer der zweitobersten Klasse auf seine Bitte einen Pfarrdienst erhielt[2], die Stelle desselben unbesetzt, weil man mit seiner Besoldung den Rectoratsgehalt verbesserte, um jenen Universitätslehrer Boye


  1. Als eine Vorschrift der früheren Zeit wird 1689 in Fecht’s Manuscript §. 6 erwähnt: Kein Professor durfte in der Lection das Geringste dictiren, als welches eine gar langsame Arbeit gibt, sondern mußte Alles Discurrendo verrichten. Hingegen waren die Auditores obligirt, das Vorgetragene zu excipiren. – Ganz Aehnliches ist auch in eine Verordnung vom 11. Oct. 1703 und in die Gymnasial-Ordnung vom 15. Juni 1705 cap. III, §. 11 aufgenommen.
  2. Johann Jacob Porzelius, ein geschätzter Lehrer, bekam im April 1714 die von ihm dringend erbetene Pfarrei Brombach bei Lörrach.