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eine Granate in nächster Nähe von ihm ein, daß das Erdreich, das er um sich aufgehäuft hatte, davonstob.

Dann liegt er wieder stundenlang, verliert ab und zu vor Schwäche das Bewußtsein. Endlich, am Morgen, findet ihn einer unserer Leute. Der Mann will den Offizier aufnehmen, zu unserem nächsten Schützengraben tragen. Der Leutnant ist zu schwer, der Soldat kann's nicht leisten und ruft einen zweiten. Sie nehmen den Leutnant in die Mitte, machen 20 Schritte mit ihm unserer Linie entgegen. Da beginnen wieder die Kugeln der Russen zu pfeifen. In die Brust getroffen stürzt der Soldat, der ihn gefunden, neben dem Leutnant zusammen.

Der zweite läuft um Hilfe.

Und wieder beginnt das fürchterliche, das einsame Warten, während rings die Kugeln einschlagen. Ewigkeiten dünkt es dem Verwundeten.

Dann kommen zwei auf ihn zu, der eine nimmt ihn unter den Armen, der zweite bei den Beinen. Sie schleppen ihn weiter, hastig stolpernd über die Schollen der Felder. So geht es ein paar Minuten. Granaten wühlen sich unweit von ihnen in den Boden. Schrapnells streuen ihren Todeskegel.

Eine vereinzelte Flintenkugel singt übers Feld. Der vordere Mann, der den Leutnant trägt, bricht lautlos in die Knie. Dann fällt er aufs Gesicht, in die Stirn getroffen.

Der Verwundete ist allein mit dem Toten. Und wieder beginnt das fürchterliche, das einsame Warten, während rings die Kugeln einschlagen. Ewigkeiten dünkt es dem Leutnant — unerträglich.

Ein herrenloses Pferd kommt an dem Verwundeten vorbei. Die Zügel schleifen am Boden. Der Leutnant greift nach ihnen, lockt das Pferd. Es wendet den Kopf

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Ilka von Michaelsburg: Im belagerten Przemysl. C. F. Amelang, Leipzig 1915, Seite 72. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:MichaelsburgImBelagertenPrzemysl.pdf/82&oldid=- (Version vom 1.8.2018)