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lebensgroß, jäh abstürzend in die Tiefe, von den Einschnitten der Schanzgräben wie von einem Kranz gezackter Zinnen gekrönt. Ein Hintergrund für überlebensgroße Tragödien.

Przemysl, den 14.November 1914,
     am 8. Tag der 2. Belagerung.

Ich will hier eine kurze Beschreibung der Stadt Przemysl einflechten, um denen, die sie nicht kennen, einen allgemeinen Begriff davon zu geben.

Da man mit Ausbruch des Krieges alle Stadtpläne und Führer durch Przemysl konfiszierte und manches jetzt schwer oder gar nicht zugänglich ist, muß ich mich hier mit einem flüchtigen Bild begnügen.

Die Stadt Przemysl, die nach der Volkszählung von 1910 57 000 Einwohner zählt, liegt anmutig zu beiden Seiten des San, der sie von Westen nach Osten durchzieht. Das Bett des San ist breit, das Wasser seicht, im Sommer aufs vergnügteste von Badenden und Ruderern belebt. Da man Wassertemperaturen von 24 Grad Celsius und mehr hat, badet man bei schönem Wetter von Mai bis Mitte September.

Den San überwölben drei große Brücken, eine davon die Eisenbahnbrücke, und verbinden die Vorstadt Zasanie mit dem alten Zentrum der Stadt, am Fuße des Schloßberges. Von der Hauptbrücke aus hat man einen sehr anziehenden Blick auf die vielfach getürmte Stadt, die sich amphitheatralisch den Schloßberg hinaufbaut und deren malerische Türme und Kuppeln als harmonischer Abschluß in den blauen Himmel steigen.

Dort oben, an einem der höchsten Punkte der Stadt, steht die altertümliche römisch-katholische Kathedrale mit dem getrennt stehenden Glockenturm, etwas unterhalb

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Ilka von Michaelsburg: Im belagerten Przemysl. C. F. Amelang, Leipzig 1915, Seite 65. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:MichaelsburgImBelagertenPrzemysl.pdf/75&oldid=- (Version vom 1.8.2018)