Seite:MichaelsburgImBelagertenPrzemysl.pdf/73

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Taschen seines Herrn und gab es beim Regimentskommando ab. Dort wurde der Oberleutnant als „tot“ ausgewiesen. Er erhielt jetzt die Briefe seiner Braut und seiner Eltern mit dem Blaustiftvermerk zurück „tot“.

Darum kann ich an meine Freundin nicht schreiben — immer wieder sage ich mir, es muß ein furchtbarer, grausamer Irrtum sein.

Doch schrieb ich sofort an den Fähnrich, der in jener Nacht, wo Freiherr von M... fiel, an seiner Seite gekämpft hat.

Und nun schneidet mir die 2. Belagerung wieder die Möglichkeit ab, diese Antwort zu erhalten.

Fast ist es mir eine Erleichterung, muß wirklich das Furchtbarste gesagt sein, so ist es noch früh genug.

Przemysl, den 11.November 1914,
     am 6. Tag der 2. Belagerung.

Seit einer Woche brennen 16 Dörfer. Sielec, Krasice, Brylince, Rokszyce, Olszany und wie sie alle heißen. Die Abende sind blutrot, und von der Sanbrücke aus kann man den Feuerschein sehen.

Auch diese Dörfer von unseren Truppen niedergelegt und angezündet, um freien Ausschuß zu haben oder dem Feinde keine Deckung zu geben.

Die meisten Bauern, die dort hausten, sind mit den letzten Zügen abgeschoben worden, aber manche irren noch herum und suchen ihr Dorf. In den verlassenen Dörfern verwildern die Katzen. Man soll nachts schon von weitem das Glühen ihrer Augen sehen, wenn sie durch die Trümmer der verbrannten Häuser irren. Wie oft bringen Offiziere, in ihren Mantel geschlagen,

Empfohlene Zitierweise:
Ilka von Michaelsburg: Im belagerten Przemysl. C. F. Amelang, Leipzig 1915, Seite 63. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:MichaelsburgImBelagertenPrzemysl.pdf/73&oldid=- (Version vom 1.8.2018)