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um sich in den Besitz der Festung, dieses Bollwerkes der kämpfenden Armee, zu setzen.

In 72stündigem heißen Ringen haben wir denselben überall unter großen Verlusten zurückgeschlagen und dadurch, getreu unserem Eide, unserem allergnädigsten Kaiser und König und dem Vaterlande gedient. Stolz können wir auf diese dreiwöchige Periode zurückblicken, während welcher wir unter harten Mühsalen und Entbehrungen, gehoben aber durch unsere große Aufgabe, zahlreiche Kräfte des Feindes gebunden und schließlich siegreich zurückgeschlagen haben. Mit freudiger Genugtuung danke ich als Kommandant der Festung im Namen des allerhöchsten Dienstes, allen Kommandanten und Truppen für ihre an den Tag gelegte Ausdauer, aufopfernde Pflichttreue und Tapferkeit, welche zu diesem, uns alle beglückenden Erfolge geführt haben.

Bewegten Herzens wollen wir aber auch der auf dem Felde der Ehre gebliebenen Kameraden gedenken, welche ihre Treue für ihren Allerhöchsten Kriegsherrn mit ihrem Herzblut besiegelt haben.

Ehre ihrem Angedenken!

Kusmanek, F. M. L.     


Przemysl, den 11. Oktober 1914.

Heute läuten in Przemysl, seit zehn Wochen zum erstenmal wieder, die Glocken, zum erstenmal wird wieder in den Kirchen gesungen. Seit Ausbruch des Krieges wurde keine Glocke mehr geläutet. Selbst bei den Begräbnissen fehlte der Glockenklang. Heute morgen klangen sie nun zum erstenmal wieder über der Stadt.

Leider ertrank der Festzug in einer Flut von Regen und Morast. So geht es seit mehr als drei Wochen. Unsere armen Truppen, die vom Felde kommen, schauen

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Ilka von Michaelsburg: Im belagerten Przemysl. C. F. Amelang, Leipzig 1915, Seite 51. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:MichaelsburgImBelagertenPrzemysl.pdf/61&oldid=- (Version vom 1.8.2018)