Seite:MichaelsburgImBelagertenPrzemysl.pdf/25

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

der stolz wie ein König auf einem Kosakengaul dahertrabt. Dann sind wieder Leute darunter, die alles verloren haben. Es sind besonders die Verwundeten, die oft bloß in Hemd und Hose herkommen oder von jeder Waffengattung ein Stück an sich haben, irgendwo geschenkt oder hergenommen.

Es ist aufwühlend bis ins tiefste, das alles mit anzuschauen, und wer es je erlebt, vergißt es nie wieder. Ich muß immer an den Landwehrmann von Grodek denken, der sagte: „Vierzehn Tage im Feuer — und die vierfache Übermacht gegen uns — man konnte nicht mehr —“

O Gott, Gott, lass’ all dieses Blut nicht umsonst fließen — schenk’ uns den Sieg!


Przemysl, den 17. September 1914.

Der heutige Tag begann ruhig und gut. Die Straßen waren fast leer, wie ich um 8 Uhr früh auf den Ringplatz ging um nach etwas Eßbarem zu fahnden. Von den Hungrigen, Versprengten war nichts mehr zu sehen. Auf einer Seite des Ringplatzes marschierten reguläre Truppen in Reih und Glied.

Auf dem Markt waren sogar ein paar galizische Bauern, und bei einiger Flinkheit gelang es mir, zehn Eier, das Stück zu 10 h — für den Krieg gar nicht so teuer —, ein Kilo rote Kalvil, Häuptelsalat, Äpfel und die letzten Monatsrettige zu ergattern. Auch einige Juden waren wieder hervorgekrochen und hatten ihre Geschäfte aufgesperrt. Die meisten hatten den Sturm auf die Läden gefürchtet und gebangt, daß ihnen nichts bleiben würde für später.

Unsere Soldaten haben alle Geld. Es ist kaum einer darunter, der keines hätte. Jeder klagt mir: „Ich habe so viel Geld, Geld im Überfluß, und nicht

Empfohlene Zitierweise:
Ilka von Michaelsburg: Im belagerten Przemysl. C. F. Amelang, Leipzig 1915, Seite 15. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:MichaelsburgImBelagertenPrzemysl.pdf/25&oldid=- (Version vom 1.8.2018)