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Die meisten unserer Flieger, die auf russischen Loden verschlagen worden waren, sollen in Zentral-Sibirien, in Irkutsk, am Baikalsee, interniert sein.

Das Memorandum des Sanitätspersonals hatte keinen Erfolg. Vorgestern ist das entbehrliche Sanitätspersonal in Gefangenschaft gegangen. Die Ärzte bleiben noch hier.

Auch mein Mann bleibt als unentbehrlich hier, bis der größte Teil der österreichischen Verwundeten transportfähig ist. Wie lange dies dauern kann, weiß man nicht, ein paar Tage vielleicht, und doch bin ich glücklich und danke Gott, daß er ihn mir noch ein paar Tage läßt.

Hier verdichten sich immer mehr die Gerüchte, daß unsere Armee auf die Linie Lemberg-Tarnopol vorstößt und daß die Deutschen unweit Stryj stehen!

Und die Hoffnung schlägt mit den Flügeln — o Gott, Gott, ich rufe dich!


Przemyzsl, den 6. April 1915.

Heute früh hätte Emil in Gefangenschaft gehen sollen. Gestern nachmittags kam der Befehl, daß der Transport heute um 10 Uhr vormittag per Bahn vom Przemysler Bahnhof aus weggeht.

Wir legten gerade gestern abend die letzten Stücke in den Koffer, als es klopfte und der Vorgesetzte meines Mannes mit der Mitteilung kam, daß der Transport auf unbestimmte Zeit verschoben sei.

Ich atmete noch einmal auf.

Man weiß hier allgemein, daß die Russen augenblicklich das gesamte Waggonmaterial für große Truppenverschiebungen benötigen. Sie sollen ungeheure Verluste in den Karpathen haben. Auch der Abtransport der Verwundeten ist abgesagt.


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Ilka von Michaelsburg: Im belagerten Przemysl. C. F. Amelang, Leipzig 1915, Seite 157. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:MichaelsburgImBelagertenPrzemysl.pdf/167&oldid=- (Version vom 1.8.2018)