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Przemysl, den 23. März 1915.

Heute erscheint der erste russische Festungskommando-Befehl. Er ordnet an, daß alle österreichisch-ungarischen Offiziere und Mannschaften einstweilen in ihren Unterkunftsorten und Wohnungen verbleiben und ihren Dienst weiter versehen wie bisher.

Die Ärzte und die Sanitätsoffiziere werden wie die übrigen Offiziere in Gefangenschaft gehen. Jeder Offizier hat das Recht, seinen Diener mitzunehmen und 50 kg Gepäck.

Die Familien der österr.-ung. Offiziere und Unteroffiziere bekommen auf Verlangen einen Paß, mit dem sie sich zu einem späteren Zeitpunkte auf einem von der russischen Militärbehörde zu bestimmenden Weg in ihre Heimat begeben können.

Jene Schwestern vom roten Kreuz, die nicht in russischen Dienst treten wollen, haben sich zu melden und werden zu einem späteren Zeitpunkt als Transport unter russischem Geleit über Finnland nach Österreich geschickt werden. —

Man ist wie vor den Kopf gestoßen, müde, todmüde. Und durch dieses müde Hirn hämmern und hetzen tausend schmerzhafte Gedanken. Da ist einer vor allem, vor dem es kein Entrinnen gibt! Er geht in Gefangenschaft! Die Ärzte und die Sanitätsoffiziere gehen in Gefangenschaft — und die Genfer Konvention?“

Tausend Fragen brechen über einen herein, drängen sich, jagen sich, wollen beantwortet sein. Und gelangen doch gar nicht so eigentlich über die Schwelle unseres Bewußtseins, so stumpf ist man geworden. Manchmal meint man, man kann nicht mehr. Man ist müde zum

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Ilka von Michaelsburg: Im belagerten Przemysl. C. F. Amelang, Leipzig 1915, Seite 150. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:MichaelsburgImBelagertenPrzemysl.pdf/160&oldid=- (Version vom 1.8.2018)