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dann flammt es auf um die ganze Festung. Donnerschlag folgt auf Donnerschlag, Explosion auf Explosion. Die Gewalt des Luftdruckes faßt die Menschen, schüttelt sie, wie der Schlag einer hochgespannten elektrischen Batterie.

Fenster und Türen springen aus den Angeln und klirren zu Boden. Die herabgelassenen eisernen Rollladen der Geschäftsläden biegen sich wie dünnes Papier in spitzem Winkel nach außen. Im Augenblick sind die Straßen mit zersplitterten Fenster- und Türrahmen, mit Ziegeln, die es von den Dächern fegt, mit Teilen von Simsen und Dachrinnen bedeckt. Der Boden ist wie gepflastert mit einer einzigen Masse von feinem Glasstaub, Maueranwurf und Ziegelstaub. Dazwischen liegen, halb zertreten, ganze Lager von weggeworfenen Gewehrpatronen.

Ein Fort gibt dem anderen die Hand. Mine folgt auf Mine. Züngelnde Blitze, von furchtbarem Getöse begleitet, schwere, schwarze und weiße Rauchschwaden, von den ersten Strahlen der aufgehenden Sonne rosig beleuchtet.

Und während draußen im Kreis um die Festung der Flammenring der lodernden Forts rotglühend zum Himmel schlägt, steigen in den Straßen der Stadt die Flammensäulen auf. Die drei Sanbrücken fliegen in die Luft, die Innenwerke, die Dynamit- und die Pulvermagazine. Zwischenhinein knattern unablässig die Gewehrpatronenmagazine, wie sie langsam, Stockwerk für Stockwerk, durchbrennen.

Wir stehen unweit des Roten-Kreuz-Spitals, an der Mauer des alten Judenfriedhofes. Da zischt eine jähe Flammengarbe hinter der Mauer auf, eine enorme Detonation biegt durch die Gewalt des Luftdruckes die Äste der alten Friedhofsbäume bis auf die Erde

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Ilka von Michaelsburg: Im belagerten Przemysl. C. F. Amelang, Leipzig 1915, Seite 145. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:MichaelsburgImBelagertenPrzemysl.pdf/155&oldid=- (Version vom 1.8.2018)